Zwei Pionierinnen, zwei Vorbilder, zwei starke Frauen

Regula Pfister, erste Frau im Bankrat, und Liselotte Illi, erste Frau im Bankpräsidium, haben massgeblichen Anteil daran, dass die Rolle von Frauen in Führungspositionen innerhalb der Zürcher Kantonalbank gestärkt wurde. Im Interview sprechen sie über ihre Erfahrungen und führen aus, was getan werden muss, damit Frauen noch besser vertreten sind.

Text: Adrian Vonlanthen

Regula Pfister und Liselotte Illi

Der Katharinen-Turm ist Geschichte. Die Kunstinstallation neben dem Zürcher Fraumünster wurde zurückgebaut. Was bleibt, ist die Erinnerung an eine imposante Konstruktion und an jene 500 Frauen, denen der Turm gewidmet gewesen ist. Frauen, welche die Stadt und den Kanton Zürich wirtschaftlich, politisch und gesellschaftlich prägen oder geprägt haben.

Zwei Pionierinnen

Zwei dieser Frauen sind Regula Pfister und Liselotte Illi. Als erste Frau im Bankrat nahm Regula Pfister 1995 ihre Arbeit auf; sie gilt ebenso wie Liselotte Illi, die 2002 als erste Frau ins Bankpräsidium der ZKB gewählt worden war, als Pionierin und insofern haben beide massgeblichen Anteil daran, dass die Rolle von Frauen in Führungspositionen innerhalb der ZKB gestärkt wurde.

Regula Pfister (Mitte) sprach an einem Anlass für Kundinnen der ZKB über ihre Rolle als Pionierin. (Bild: Simon Baumann)

Regula Pfister, 1995 starteten Sie als erste Frau im Bankrat der ZKB. Wie war Ihr Einstieg damals?

Ich war eines von dreizehn Bankratsmitgliedern und musste mich – wie meine männlichen Kollegen auch – zuerst einarbeiten und mit der Materie vertraut machen. Als Ökonomin und frühere Assistentin am Institut für Schweizerisches Bankwesen der Universität Zürich verfügte ich über das theoretische Rüstzeug. Ganz wichtig war mir, auch meine unternehmerischen Erfahrungen aus der Wirtschaft einzubringen. Zudem waren meine politischen Erfahrungen im Gemeinde- und Kantonsrat als erste Präsidentin der Rechnungsprüfungskommission der Stadt Zürich wie auch der Finanzkommission des Kantons Zürich wertvoll für die Arbeit im Bankrat. Von meinem Naturell her habe ich mich stets voll engagiert und meine Aufgabe leidenschaftlich gern ausgeübt.

Liselotte Illi, sieben Jahre später wurden Sie ins Bankpräsidium der ZKB gewählt. Was war das prägendste Erlebnis in jener Zeit?

Als Frau und Sozialdemokratin war ich in dieser Männerdomäne eine Exotin. Ich wusste zwar schon vor der Wahl, worauf ich mich einlasse, da ich von 1978 bis 1990 jeweils als erste und einzige Frau in kommunalen Behörden meiner Wohngemeinde vertreten gewesen war. Doch frappierend war die Tatsache, dass ein Vierteljahrhundert später in der Wirtschaft und speziell in der Bankenwelt Frauen in Führungspositionen immer noch massiv untervertreten waren, während sich in der Politik das Geschlechterverhältnis inzwischen doch etwas ausgeglichener gestaltete. Es gab auch keine Generaldirektorin und nicht einmal fünf Prozent der Direktionsmitglieder der Zürcher Kantonalbank waren weiblich. Für viele Frauen hatte meine damalige Wahl Symbolkraft. Eine kleine Anekdote zum Schmunzeln: Für die Bank war es bei meinem Eintritt ins Bankpräsidium ein grosses Problem, dass es im 5. Stock für Präsidiumsmitglieder nur Männertoiletten gab.

Wie hat diese Erfahrung Ihre Perspektive auf die Förderung von Frauen beeinflusst?

Chancengleichheit für Frauen und Männer war für mich immer ein wichtiger Aspekt der sozialen Nachhaltigkeit. Sie kommt aber nicht von selbst. Ich wollte diese strategische Führungsaufgabe mitgestalten, damit die Vielfalt, die Diversität als Wettbewerbsvorteil genutzt wird. Schon damals nahm sich die Bank in ihrem Leitbild zwar vor, «Rahmenbedingungen zur Stärkung der Stellung der Frauen im Betrieb» zu schaffen, aber an der praktischen Umsetzung haperte es und vieles wurde in der Praxis nicht umgesetzt. Ich war Ansprechpartnerin für zahlreiche engagierte Mitarbeitende im mittleren und oberen Management, die sich für mehr Frauen in Führungspositionen einsetzten und bereit waren, Hindernisse auf diesem Weg zu beseitigen. Diese Aufgabe hört nie auf.

Liselotte Illi (Mitte) an einem Anlass für Kundinnen der ZKB, wo sie über Frauen in Führungsrollen sprach. (Bild: Simon Baumann)

Regula Pfister, die Zeiten ändern sich, aber auch heute sind diese Themen aktueller denn je. Wo sehen Sie den grössten Handlungsbedarf?

Heute liegt der grösste Handlungsbedarf bei den Frauen selbst. Sie müssen hinstehen und sagen «ich will», «ich mache» und «ich übernehme die Verantwortung». Ich habe in meinem Berufsleben immer wieder festgestellt, dass Frauen zwar grundsätzlich führen wollen, jedoch im entscheidenden Moment zögern und zaudern, manchmal sogar zurückkrebsen. Das hat viel mit dem Selbstverständnis der Frauen zu tun, das bei vielen Frauen noch ein grosses Entwicklungspotenzial hat. Daran muss gearbeitet werden.

Welche Ratschläge geben Sie Frauen, die wie Sie für Gleichstellung eintreten?

Ich rate Frauen, ihre Pläne zu verwirklichen und nicht zu warten, bis es zu spät ist. Zudem sollen sie sich selbstbewusst und kritisch einbringen. Nicht zuletzt geht mit Toleranz und Humor vieles einfacher.

Liselotte Illi, was möchten Sie Frauen mit auf den Weg geben?

Ich möchte Frauen ermutigen, an ihre Chancen zu glauben und diese selbstbewusst wahrzunehmen, den Sprung in eine Führungsaufgabe zu wagen, Erfahrungen mit anderen Frauen auszutauschen, sich zu vernetzen sowie auch frauengerechtere Arbeitsbedingungen zu fordern. Ich hoffe, dass es nicht nochmals 130 Jahre dauert, bis wieder eine Frau ins Bankpräsidium gewählt wird, und ich appelliere deshalb gerade auch an bürgerliche Frauen und Männer, sich für einen höheren weiblichen Anteil im Bankrat und Bankpräsidium einzusetzen und Frauenförderung nicht nur linken und grünen Politikerinnen und Politikern zu überlassen.

Der Katharinen-Turm

Der Katharinen-Turm war eine 40 Meter hohe Kunstinstallation beim Fraumünster, die an die gesellschaftliche, wirtschaftliche und politische Präsenz von Frauen in Zürich erinnerte. Ausgangspunkt war das Gedenken an die Reformation und die Übergabe der Fraumünster-Abtei an die Stadt Zürich durch die Äbtissin Katharina von Zimmern vor 500 Jahren. Die Zürcher Kantonalbank unterstützte den Katharinen-Turm als Hauptsponsorin.

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