«Unser Auslandgeschäft unterstützt die Zürcher Wirtschaft und stärkt unsere Ertragslage»
Im Interview erläutert Jörg Müller-Ganz, Präsident des Bankrats der Zürcher Kantonalbank, die strategische Bedeutung des Auslandgeschäfts für die Zürcher Wirtschaft und unsere Bank. Er betont, dass diese Aktivitäten einen volkswirtschaftlichen Nutzen für den Kanton Zürich und seine Bevölkerung stiften und damit einen wichtigen Teil des gesetzlichen Leistungsauftrags erfüllen. Zudem tragen sie zur Diversifikation und Stabilität der Ertragslage der Bank bei.
Interview: Marco Schwarzenbach

Herr Müller-Ganz, warum betreibt die Zürcher Kantonalbank ein Auslandgeschäft?
Die Zürcher Kantonalbank betreibt das Auslandgeschäft aus vier Gründen: Primär erbringen wir diese Services zur Sicherstellung der Banking-Bedürfnisse von inländischen Kundinnen und Kunden; sowohl von exportorientierten Unternehmen wie auch von Privatpersonen, die sich in den Ferien oder beruflich im Ausland befinden. Zweitens nimmt unser Finanzplatz weltweit eine führende Rolle im ausländischen Private-Banking-Geschäft ein, das von zahlreichen Schweizer Banken angeboten wird. Die Zürcher Kantonalbank konzentriert sich hier auf wenige Länder sowie auf Dienstleistungen für Auslandschweizer. Sodann nutzt unser Asset Management den auf Fonds spezialisierten Finanzplatz Luxemburg, um auch im europäischen Ausland eine umfassende Fondspalette anbieten zu können. Und schliesslich leistet das Auslandgeschäft einen Beitrag zur Ertrags- und Risikodiversifizierung, was sich stabilisierend auf den Geschäftsertrag der Zürcher Kantonalbank auswirkt.
Welche volkswirtschaftlichen Vorteile ergeben sich daraus für den Kanton Zürich?
Eine offene Volkswirtschaft wie die unsere benötigt einen Finanzsektor mit internationalen Verbindungen, um Zahlungs- und Kapitalflüsse effizient abzuwickeln. Das Auslandgeschäft der ZKB stiftet einen erheblichen volkswirtschaftlichen Nutzen, der dem Kanton, seiner Wirtschaft und seiner Bevölkerung zugutekommt. Insbesondere der Aussenhandel hat für die Unternehmen im Kanton Zürich eine wichtige Bedeutung. Ein breites Angebot an Zahlungs- und Leistungssicherungsprodukten im Bereich Handels- und Exportfinanzierung ist entscheidend, damit inländische Kundinnen und Kunden ihre international ausgerichteten Geschäfte sicher und erfolgreich abwickeln können.
War das schon immer so?
Nein, bei der Gründung der Zürcher Kantonalbank vor über 150 Jahren spielte das Auslandgeschäft noch keine wesentliche Rolle. Seither haben sich der Kanton Zürich, seine Wirtschaft und Gesellschaft stark verändert, und parallel dazu die Zürcher Kantonalbank. Seit Ende der 1970er-Jahre strebten unsere Firmenkunden vermehrt ins Ausland – sie bauten Produktionsstätten und weltweite Verkaufsorganisationen auf, begleitet von der Zürcher Kantonalbank mit den entsprechenden Finanzdienstleistungen.
Was ist die Rolle der vier Repräsentanzen der Zürcher Kantonalbank im Ausland?
Die Repräsentanzen in Singapur, Mumbai, Peking und São Paulo sind unsere Aussenposten in wichtigen Exportmärkten der Schweiz. Vor Ort beobachten sie die wirtschaftlichen, politischen und gesellschaftlichen Entwicklungen. Sie stellen Informationen zur Beurteilung und Überwachung von Bankenpartnern bereit und pflegen regelmässige Kontakte zu lokalen Finanzinstituten. Sie unterstützen damit unser Risikomanagement und sind essenziell für unsere Markteinschätzung.
Die Zürcher Kantonalbank hat auch Tochterfirmen im Ausland, was ist deren Zweck?
Nach dem Verkauf der ZKB Österreich haben wir im Ausland drei Tochterfirmen: die ZKB Securities Ltd. in London, die Zürcher Kantonalbank Finance Ltd. in Guernsey und die Swisscanto Asset Management International SA in Luxemburg. Unsere Auslandgesellschaften haben immer einen dezidierten Zweck und müssen für unser Schweizer Geschäft und unsere Schweizer Kunden einen direkten Nutzen stiften. Im Fall von Guernsey ist das die verrechnungssteuerfreie Emission von strukturierten Produkten. Unsere Tochter in London hilft uns, die für Schweizer Kapitalmarktkunden wichtige internationale Investorenbasis zu erschliessen. Über unsere Fondsleitung in Luxemburg – dem führenden Standort für Fonds in Europa – kann unser Asset Management von Zürich aus Luxemburger Fonds verwalten. Dank der dazugehörenden Vertriebsorganisation unseres Asset Managements mit Büros in Frankfurt und Mailand können wir die Märkte Deutschland, Österreich, Luxemburg und Italien bedienen.
Inwiefern ist das Auslandgeschäft der Zürcher Kantonalbank gesetzlich verankert?
Gemäss Kantonalbankgesetz sind Auslandaktivitäten zulässig, wenn diese keine übermässigen Risiken verursachen und die Befriedigung der Geld- und Kreditbedürfnisse im Kanton nicht beeinträchtigen. Diesem Passus wurde 1978 bei der fünften Revision des Kantonalbankgesetzes ohne Gegenstimme im Kantonsrat und vom Zürcher Stimmvolk mit 81 Prozent zugestimmt.
Wie sind Geschäfte mit Auslandbezug im Kontext des Leistungsauftrags einzuordnen?
Der Leistungsauftrag ist im Kern die gesetzliche Verpflichtung der Zürcher Kantonalbank, die Bevölkerung des Kantons Zürich im Allgemeinen und bestimmte Kundengruppen im Besonderen mit Bankdienstleistungen zu versorgen, welche deren Grundbedürfnissen entsprechen. Die Grundbedürfnisse ergeben sich dabei aus den jeweils herrschenden Nachfrageverhältnissen. Während dies zur Gründungszeit der Zürcher Kantonalbank die Bedürfnisse eines Kantons mit ländlich geprägter Wirtschaftsstruktur waren, sind es heute die Bedürfnisse einer der wirtschaftlich stärksten Regionen der Welt, in der Unternehmen und Privatpersonen stark mit dem Ausland vernetzt sind.
Welchen Umfang haben Geschäfte mit Auslandbezug denn heute?
Heute haben bei der Zürcher Kantonalbank rund 10 Prozent des Risikos und des Ertrags einen direkten Auslandbezug. Dies entspricht immer noch der Limite, die Ende der 80er-Jahre im Geschäftsreglement, das es heute in dieser Form nicht mehr gibt, verankert wurde. Das Risikomanagement wird – auch für das Auslandgeschäft – laufend ausgebaut und den aktuellen Erkenntnissen angepasst. Unser internationales Netzwerk ist im Einklang mit der wirtschaftlichen Verflechtung unseres Kantons stark gewachsen. Wir pflegen heute internationale Bankbeziehungen in rund 100 Ländern. Unsere Zürcher Kundinnen und Kunden erhalten damit Zugang zu 55 Investitionsmärkten und 30 Währungen.
Wie sieht es mit der Sicherheit und der Staatsgarantie der Zürcher Kantonalbank aus?
Die Zürcher Kantonalbank gehört zu den sichersten Banken der Welt. Die Ratingagenturen sehen in unserer geografischen Diversifikation einen positiven Beitrag zur Stabilität und Widerstandsfähigkeit der Bank, da damit unser geografisches Klumpenrisiko reduziert wird. Die Risiken aus dem Auslandgeschäft hingegen sind verhältnismässig klein. Geschäftsfelder, mit denen wir im Ausland wachsen wollen, wie zum Beispiel das Asset Management, belasten unsere Bilanz nicht.
Wie will die Zürcher Kantonalbank das Auslandgeschäft in Zukunft entwickeln?
Der Hauptfokus unserer Bank liegt weiterhin auf unseren Privatkundinnen und -kunden sowie den Unternehmen im Kanton Zürich. Wir werden unseren Risikoappetit im Ausland bei den genannten 10 Prozent stabil halten. Dabei fokussieren wir weiterhin auf spezialisierte Segmente, zu denen wir Pensionskassen, Versicherungen, Finanzinstitute und vermögende Privatpersonen zählen, und bedienen diese mit ausgewählten Anlageprodukten im internationalen Private Banking und Asset Management.