Oxa – der Atemcoach

Von Rümlang aus tüfteln ehemalige ETH-Studierende an der Schweizer «Wearable-Revolution». Mit ihrem digitalen Atemcoach Oxa haben sie sich der Stressprävention und der mentalen Gesundheit verschrieben.

Text: Rahel Perrot / Illustration: Sarah Mazzetti | aus dem Magazin «ZH» 2/2024

Illustration Oxa Atemcoach

Es ist später Nachmittag, morgen ist der 1. August. In den Räumlichkeiten des Start-ups Nanoleq in Rümlang ist es bereits mehrheitlich still. Einzig im «Labor» herrscht noch geschäftiges Treiben; gerade werden dort Textilbrustgürtel verpackt. «Wir müssen vor dem Feiertag noch unsere Vertriebsstandorte in Deutschland, Grossbritannien, Kanada und den USA beliefern», erklärt Serge Weydert, einer der drei Mitgründer. Der promovierte Neurowissenschafter und Mikrotechniker leitet die Forschungsabteilung der Firma.

Das Spin-off der ETH Zürich hat sich Textilien zur Gesundheitsüberwachung verschrieben. Unter dem Namen Oxa produziert es einen digitalen Atemtrainer. Dieser besteht aus einem tragbaren Sensor – integriert in einen Brustgürtel, ein T-Shirt oder einen BH – und einer App. «Wearables wie Smartwatches oder Fingerringe sind mittlerweile gut etabliert», sagt Weydert. Diese Geräte würden die Daten jedoch nur aufzeichnen und liessen keine Interaktion in Echtzeit zu. «Wir arbeiten daher an der Schweizer Wearable-Revolution.» Die App erfasst nicht nur den Puls, sie führt auch ein Elektrokardiogramm (EKG) durch und misst präzise Atemfrequenz und -tiefe. Darüber hinaus gibt sie personalisierte Empfehlungen für eine Vielzahl von Atem- und Meditationsübungen ab.

Zukunftsthema mentale Gesundheit

Bei der Firmengründung vor sieben Jahren stand zuerst die Entwicklung von elastischen Kabeln im Zentrum. Danach folgten erste Textilsensoren. «Gesundheit und im Besonderen die mentale Gesundheit ist das Thema dieses Jahrhunderts», begründet Serge Weydert die heutige Ausrichtung. Die Zahlen geben recht: Gemäss dem Job-Stress-Index kostet arbeitsbezogener Stress die Schweizer Wirtschaft rund 6,5 Milliarden Franken pro Jahr. Das menschliche Atemzentrum ist eng verbunden mit dem autonomen Nervensystem. Bei Stress atmen wir oberflächlich und schnell. «Mit Oxa konzentrieren wir uns daher auf die Aktivierung des parasympathischen Nervensystems, das dabei hilft, sich zu entspannen.» Mit einfachen Techniken wie dem Seufzen oder anderen Formen, bei denen das Ausatmen in die Länge gezogen wird, könne innerhalb weniger Wochen der Schlaf verbessert, der Blutdruck gesenkt und die Herzfrequenzvariabilität erhöht werden. Die ist ein Indikator dafür, wie gut der Körper mit Stress umgehen kann. «Während der Übungen signalisiert mir die App mit spielerischen audiovisuellen Effekten, wie sich meine Körperwerte verändern. Menschen können somit ihr mentales Wohlbefinden selbst in die Hand nehmen», sagt der Neurowissenschafter.

Steigende Nachfrage und erste Kooperationen

Nebst dem Standort in Rümlang betreibt das Start-up noch eine Niederlassung in Berlin. Dort wird mehrheitlich an der Software der App gearbeitet. Verkauft werden die digitalen Atemtrainer online auf der eigenen Plattform. Auf den Produkten steht «Made in EU». Serge Weydert erläutert es: «Hier in Rümlang stellen wir die Sensoren her, die Elektronik stammt aus Rumänien, und die Textilien werden in Kroatien und Italien gefertigt.» Die Gürtel, T-Shirts und BHs lassen sich normal waschen. Der Sensor wird dafür zuvor entfernt. Alle ein bis zwei Wochen benötigt er eine Aufladung via USB-C-Kabel. «Wenn der Sensor aus Versehen mal mit in der Waschmaschine landet, geht er dennoch nicht kaputt», sagt Weydert mit einem Lächeln.

Noch einmal ein Blick ins «Labor», wo die Brustgürtel mittlerweile verpackt sind und die Leute sich in den Feierabend verabschiedet haben. Es hängen dort auch Prototypen von Kleidungsstücken. Weydert erklärt, warum: «Wir arbeiten an Kooperationen mit Technologie- und Textilmarken. Handfeste Ergebnisse werden möglicherweise noch in diesem Jahr auf den Markt kommen.» Der Fokus liegt derzeit vor allem aber darauf, dass Oxa gut nachgefragt wird – seit dem Weihnachtsgeschäft sei es stetig aufwärtsgegangen. Erst Mitte letzten Jahres waren sie mit einer ersten kleinen Charge gestartet, hatten Kundenfeedback eingeholt und sich dann da und dort verbessert. Weydert sagt: «Wir können nun alle Regler hochfahren.»

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