«Immobilien aktuell»: Das grösste Potenzial für Solarstrom haben die Städte – auch im Winter
Medienmitteilung vom 22. November 2022
- Immobilienpreise: Das Wachstum dürfte sich 2023 deutlich abschwächen
- Mieten: Angebotsmieten nehmen markant zu, Bestandesmieten werden in den nächsten fünf Jahren aufgrund der Referenzzinssteigerungen um bis zu 15 Prozent zulegen
- Heizkosten: 2022 steigen diese im Kanton Zürich im Vergleich zum Vorjahr im Schnitt um rund 50 Prozent
- Sonnenenergie: Mit einer für Solarpanels geeigneten Dachfläche von 2,8 km2 liegt die Stadt Zürich schweizweit beim Winterpotenzial an der Spitze
- Hitzeinseln: In ländlichen Weinland-Gemeinden wie Marthalen, Volken oder Altikon wird es im Sommer gefühlt sogar heisser als in der Stadt Zürich
Während die Preise von Wohnimmobilien 2022 im Kanton Zürich noch mit 6 Prozent wachsen, wird sich dieses Wachstum im kommenden Jahr auf 2 Prozent reduzieren, so die Prognose des Immobilien-Researchs der Zürcher Kantonalbank in der heute veröffentlichten Publikation «Immobilien aktuell». Diese deutliche Abkühlung ist klar von der Nachfrageseite getrieben: Mit den steigenden Zinsen wird das Eigenheim nicht mehr um jeden Preis gekauft und das Kaufinteresse an bestehenden Renditeliegenschaften wird angesichts sinkender Risikoprämien deutlich zurückgehen.
Auch vor Mietern macht die Zinswende nicht Halt: Bis 2027 dürfte der hypothekarische Referenzzinssatz insgesamt fünfmal nach oben geschraubt werden. Der erste Schritt ist im ersten Halbjahr 2023 zu erwarten. «Laut unserer Analyse könnten sich bereits dann für rund die Hälfte aller Schweizer Miethaushalte die Mieten erhöhen. Denn jeder zweite Haushalt ist entweder kürzlich umgezogen oder hat alle Mietsenkungen der letzten vierzehn Jahre beansprucht», sagt Ursina Kubli, Leiterin Immobilien-Research der Zürcher Kantonalbank. Insgesamt dürften sich die Bestandesmieten mit den Referenzzinssteigerungen innerhalb der nächsten fünf Jahre um bis zu 15 Prozent steigern. Hinzu kommt: Vermieter sind berechtigt, 40 Prozent der Teuerung weiterzugeben – dies erfolgt üblicherweise gemeinsam mit einer Referenzzinssatzänderung, da es einer Anpassung des Mietvertrags bedarf.
Im Kanton Zürich steigen Heizkosten besonders stark
Die stark gestiegenen Energiepreise belasten zusätzlich. 2022 müssen Schweizer im Schnitt 41 Prozent mehr für Heizkosten berappen als im Vorjahr, im Kanton Zürich sogar 53 Prozent mehr. Dies ist unter anderem auf den hohen Anteil von Gasheizungen in urbanen Zentren zurückzuführen – gerade bei fossilen Heizsystemen sind die Kostensteigerungen in diesem Jahr besonders hoch.
Mit welchen Mehrkosten 2022 je nach Heizungsart zu rechnen ist, lässt sich am Beispiel eines Standard-Einfamilienhauses1 zeigen: Im Schnitt zahlen die Bewohner bei einer Öl- und Gasheizung jeweils hohe 1'400 Franken zusätzlich. Dies liegt deutlich über den Preissteigerungen bei Pelletheizungen (+650 Franken), Wärmepumpen (+35 Franken) und Elektroheizungen (+100 Franken). Bei den beiden letztgenannten werden sich die höheren Elektrizitätstarife zwar 2023 niederschlagen – betroffen sind aber allen voran Nutzer von Elektroheizungen, wegen der geringeren Effizienz im Vergleich zu Wärmepumpen. «Geht man 2023 von mindestens gleichbleibenden Gaspreisen aus, so fährt man – auch mit den gestiegenen Strompreisen – weiterhin in jeder Zürcher Gemeinde mit einer Wärmepumpe günstiger als mit einer Gas- oder Ölheizung. Eine Umrüstung lohnt sich also weiterhin», sagt Kubli. (1 Das von uns verwendete Einfamilienhaus hat eine Wohnfläche von 150 Quadratmetern und Baujahr 2005. Ein solches Objekt benötigt jährlich ca. 120 Kilowattstunden (kWh) Heizenergie pro Quadratmeter).
Bei den effektiven Mehrkosten spielen auch die regional unterschiedlichen Gas- und Strompreise eine wichtige Rolle. So ist im Kanton Zürich Uster besonders hart getroffen: Nicht nur hat diese Stadt den kantonsweit höchsten Anteil an Gasheizungen – auch sind hier die Gaspreise am stärksten gestiegen (+133 Prozent), deutlich höher als bei den Anbietern in Zürich und Winterthur. Besser sieht es in der Gemeinde Andelfingen aus, die nicht am Gasnetz angeschlossen ist und die über ein eigenes Elektrizitätswerk verfügt, das sie exklusiv mit sehr günstigen Tarifen beliefert. Tatsächlich sind hier die Strompreise 2022 sogar gesunken.
Solarenergie im Winter: Städte haben mehr Potenzial als Bergregionen
Solarstrom soll einen wichtigen Beitrag zur Energiewende leisten. Als optimaler Standort werden üblicherweise die Bergregionen gehandelt, bieten diese auch im Winter die höchsten potenziellen Stromerträge pro m2 Dachfläche. Die Luft ist hier dünner und die dadurch intensivere Einstrahlung wird zusätzlich noch durch vom Schnee auf die Anlage zurückreflektierte Strahlung erhöht. Im Kanton Zürich hingegen zählt das Stromertragspotential pro m2 in den Wintermonaten zu den tiefsten schweizweit. Aber gerade hier machen Solarpanels Sinn, so die Analyse der Zürcher Kantonalbank.
Denn: Summiert man den potenziellen Stromertrag für alle geeigneten Dachflächen von Wohngebäuden pro Gemeinde, weisen vor allem die Städte hohe Werte auf – und das auch im Winter (siehe Graphik 1). Auf dem obersten Podestplatz: Zürich. In der Limmatmetropole könnte eine Dachfläche von insgesamt 2,8 km2 mit Solarpanels ausgestattet werden – dies entspricht etwa 400 Fussballfeldern –, gefolgt von Basel (1,3 km2) und Bern (1,2 km2). Hinzu kommt: Der viele Schnee in den Bergregionen ist nicht nur ein Segen. So liefern schneebedeckte Solarpanels null Strom und das Gewicht der Schneedecke kann die Panels beschädigen. Es gibt zwar verschiedene Möglichkeiten, sie vom Schnee zu befreien, etwa mit der richtigen Neigung oder einem Schneefang. Dies muss aber beim Bau berücksichtigt werden.
Wer wissen möchte, ob sich das eigene Dach eine Photovoltaikanlage eignet, dem hilft die neue interaktive Kartenapplikation der Zürcher Kantonalbank – zusätzlich zeigt diese, wo bereits Anlagen vorhanden sind.
Graphik 1: Die potenziellen Stromerträge in den Schweizer Städten sind sehr hoch, auch im Winter
Hitzeinseln: Nicht nur Städte betroffen
Hoffen wir für den nahenden Winter noch, nicht frieren zu müssen, drohen uns im nächsten Sommer schon wieder Schweissausbrüche – besonders in hochgradig versiegelten Siedlungen. Basierend auf dem flächendeckenden Klimamodell des Kanton Zürichs hat das Immobilien-Research der Zürcher Kantonalbank analysiert, in welchen Bezirken die gefühlte Temperatur2 an einem typischen Sommernachmittag besonders hoch ausfällt (siehe interaktive Kartenapplikation). (2 Messzeitpunkt 14:00 Uhr. Die Klimamodelldaten weisen die Physiologisch Äquivalente Temperatur (PET) aus. Die PET beschreibt das thermische Empfinden einer «Standardperson» mit einer mittleren thermischen Empfindlichkeit. Für das thermische Empfinden sind vor allem Lufttemperatur, Luftfeuchte, Windgeschwindigkeit und die direkte Sonneneinstrahlung ausschlaggebend. Die empfundene Temperatur kann daher deutlich von der gemessenen Temperatur abweichen.)
Innerhalb der Stadt Zürich stechen dabei vor allem die Kreise 9 (Altstetten, Albisrieden) und 4 (Aussersihl) hervor, gefolgt vom Kreis 5. Letztgenanntes ist dahingehend erstaunlich, da das Industriequartier erst in den letzten Jahren zu einem Wohngebiet umgestaltet wurde; dem Wärmeinseleffekt ist bei der Bautätigkeit scheinbar zu wenig Rechnung getragen worden. Insgesamt steht die Stadt Zürich aber vergleichsweise gut da. So liegt die gefühlte Hitze an einem durchschnittlichen Sommertag mit 36°C nur minimal höher als in Winterthur (35,8°C), das mit den vielen Grün- und Waldflächen als «Gartenstadt» gilt. Zürich profitiert von seiner topographischen Lage: In der Nacht strömt über die bewaldeten Hänge des Zürich- und des Uetlibergs beidseits kühle Luft ein, was wiederum die Temperaturen am Tag erträglicher macht.
Aber nicht nur in den Städten ist die Hitzebelastung gross – es sind auch ländliche Gebiete betroffen (siehe Graphik 2). So werden etwa in Marthalen, Volken, Altikon und Ellikon an der Thur im Mittel von der Bevölkerung wahrgenommene Temperaturen von über 36°C erreicht. Im Weinland scheint die Sonne bekanntlich besonders lang, was sich in den kompakten Ortschaften bis in den nächsten Tag hinein auswirkt.
Was für Lösungen gäbe es? Allen voran: Die künftige Entwicklung sollte vor allem innerhalb der bestehenden Siedlungsbereiche stattfinden. Aber selbst wenn Verdichtung mit den klimatisch besten Baumaterialen wie hellen Farben oder wenig grauer Energie geschieht, ist sie mit Versiegelung zulasten von Grünflächen und Frischluftschneisen verbunden. Die Herausforderung besteht darin, möglichst viel Grünraum in den Städten zu erhalten – beispielsweise durch eine forcierte Begrünung von Dächern und Fassaden oder dem Einsatz von Rasengittersteinen anstelle von Asphalt und Beton. Pflanzen heizen sich weniger schnell auf, spenden Schatten und sorgen mit dem allmählichen Verdunsten des gespeicherten Wassers für einen zusätzlichen Kühleffekt. Darum: mehr Grün statt Grau!