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  4. 05.12.2023

CIO Marktausblick 2024: Nach einer milden globalen Rezession folgt Mitte Jahr die Erholung

Medienmitteilung vom 5. Dezember 2023

  • Weltwirtschaft: Die Auswirkungen der rezessiven Kräfte auf Wachstum und Beschäftigung werden gemässigt und von kurzer Dauer sein
  • Geldpolitik: Zinserhöhungszyklus ist beendet, im Frühjahr 2024 sind erste Zinssenkungen durch Fed und EZB zu erwarten
  • Schweiz: Wirtschaft entgeht Rezession dank Bevölkerungszuwachs und grossen Sportereignissen; Inflation bleibt im Zielband
  • Gute Chancen sowohl für Aktien wie für Obligationen – und somit für ein gemischtes Portfolio

Nach einer milden Rezession Anfang 2024 dürfte sich die globale Wirtschaft ab Sommer wieder erholen, so der Marktausblick des CIO-Offices der Zürcher Kantonalbank. Einerseits haben die Zinserhöhungen der Notenbanken und die hohe Inflation Spuren in der Realwirtschaft hinterlassen, was das globale Wirtschaftswachstum – insbesondere in den Industrieländern – zum Jahresbeginn 2024 weiter verlangsamen wird. Andererseits werden die Auswirkungen der rezessiven Kräfte auf Wachstum und Beschäftigung vergleichsweise gemässigt und von kurzer Dauer sein. Eine sukzessive Erholung in der zweiten Jahreshälfte ist deshalb wahrscheinlich. Insgesamt wird das globale Wachstum über das gesamte Jahr 2024 jedoch mit rund 2 Prozent unterdurchschnittlich bleiben.

«Die Inflation und die Zinsen haben ihren Höhenpunkt hinter sich. Die Inflation wird sich weiter zurückbilden, aber im langjährigen Vergleich leicht erhöht bleiben. Wir erwarten, dass die US-Notenbank Fed und die Europäische Zentralbank (EZB) ab dem Frühjahr 2024 erste Zinssenkungen vornehmen werden – allerdings nur in Richtung neutrale und nicht stimulierender Geldpolitik», sagt Christoph Schenk, Anlagechef der Zürcher Kantonalbank. Für deutliche Zinssenkungen sei die Wirtschaft trotz Verlangsamung zu widerstandsfähig. Der latente Inflationsdruck wird aufgrund von drei strukturellen Entwicklungen aufrechterhalten: so kämpft der Arbeitsmarkt mit einer rückläufigen Erwerbsbevölkerung, die preissenkende Wirkung der Globalisierung lässt nach und die Industriepolitik stimuliert die Konjunktur weiterhin.

Schweizer Wirtschaft dürfte um 2 Prozent wachsen

Die internationale Konjunkturentwicklung stellt die Schweizer Unternehmen vor grosse Herausforderungen. Die Warenexporte harzen, der Abschwung im verarbeitenden Gewerbe ist markant, so dass sich der Industriesektor in einer Rezession befindet. Dennoch rechnet das CIO-Office der Zürcher Kantonalbank für das kommende Jahr mit einem durchschnittlichen BIP-Wachstum von 2 Prozent hierzulande. Für diese insgesamt optimistische Einschätzung gibt es mehrere Gründe: Im Vordergrund steht erneut das dynamische Wachstum der Bevölkerung – 2023 um rund 150'000 Personen, 2024 um über 100'000. «Das Bevölkerungswachstum wird sich weiterhin spürbar positiv auf das BIP-Wachstum auswirken. Hinzu kommen 2024 sportliche Grossereignisse wie die Olympischen Sommerspiele in Paris und die Fussball-Europameisterschaft in Deutschland», sagt Dr. David Marmet, Chefökonom Schweiz bei der Zürcher Kantonalbank. Das Internationale Olympische Komitee (IOK) und die UEFA haben ihre Hauptsitze in der Schweiz – via Lizenzeinnahmen werden diese Ereignisse die Schweizer BIP-Wachstumsrate ebenfalls nach oben drücken.

Die Schweizer Wirtschaft wird zudem stetig konjunkturresistenter: Zum einen wächst der Dienstleistungssektor überproportional, zum anderen spielen nicht-konjunktursensitive Sonderfaktoren eine immer wichtigere Rolle. So wird der Handelsbilanzüberschuss durch Pharma, Transithandel und Wertsachen dominiert. Auch wenn die globale Konjunktur schwächelt, kann der Aussenhandelsbeitrag dennoch positiv sein.

Die aktuelle Wachstumsflaute bremst den Schweizer Arbeitsmarkt und den bis anhin dynamischen Stellenaufbau. Für die Unternehmen ist dabei die gute Nachricht, dass sich zumindest der konjunkturell bedingte Fachkräftemangel abschwächt. Verschwinden werden die Rekrutierungsschwierigkeiten der Unternehmen aber nicht. Die auf den Arbeitsmarkt drängende junge Generation vermag den Abgang der Babyboomer-Generation nicht zu kompensieren. Der strukturelle Fachkräftemangel wird uns auch in den nächsten Jahren begleiten.

Schweizer Inflation bleibt im Zielband

Die Schweizerische Nationalbank (SNB) dürfte im Dezember 2023 die Zinsen nicht mehr erhöhen. In den nächsten Monaten treiben höhere Mieten und steigende administrierte Preise die Inflation wieder an den oberen Rand des Zielbands der SNB von 0 bis 2 Prozent. Das CIO-Office der Zürcher Kantonalbank rechnet mit einer durchschnittlichen Inflationsrate für 2024 von 1,5 Prozent. Die angebotsseitigen Faktoren, allen voran die Lieferengpässe, haben sich markant abgeschwächt. Aber auch die nachfrageseitige Inflation wird nicht aus dem Ruder laufen. Trotz Fachkräftemangel zögern die Unternehmen, höhere Löhne zu bezahlen – die Lohn-Preis-Spirale in der Schweiz kommt nicht in Gang. Die Inflationserwartungen sowohl der Konsumenten als auch der Produzenten bleiben unverändert. Für die SNB sind dies insofern gute Nachrichten, als dass 2024 keine weiteren Zinserhöhungen nötig werden, um die Inflation im Zaum zu halten. Gegen Ende Jahr dürfte die SNB sogar mit einer Zinssenkung aufwarten. Das ist allerdings deutlich später als das Fed oder die EZB die Zinsen senken dürften, was den Schweizer Franken tendenziell stützen wird. Eine Abschwächung des Schweizer Frankens gegenüber den zyklischeren Währungen wie dem Euro erwartet das CIO-Office der Zürcher Kantonalbank erst im Jahresverlauf zusammen mit einer konjunkturellen Aufhellung.

Neues Korrelationsregime zwischen Aktien und Obligationen

Seit dem Ausbruch der Pandemie sind Anlegerinnen und Anleger mit einer anhaltend positiven Korrelation zwischen Aktien und Anleihen konfrontiert. Aktien- und Anleihenkurse leiden gleichermassen unter steigenden Renditen, und erholen sich beide, wenn diese wieder fallen. Positive Korrelationsphasen sind allerdings nicht unüblich und bedeuten für ein gemischtes Portfolio nicht automatisch eine negative Performance wie das Schreckensbeispiel aus dem Jahr 2022. Historisch betrachtet ist die negative Korrelation zwischen Aktien und Anleihen der letzten zwei Dekaden die Ausnahme und nicht die Regel. In den 1970er-, 1980er- und 1990er-Jahren war die Korrelation zwischen Aktien und Anleihen überwiegend positiv. Für die Performance eines gemischten Portfolios ist nicht die Korrelation allein, sondern das jeweils vorherrschende Inflationsumfeld entscheidend. Während die 1970er-Jahre als schwieriges Anlageumfeld in die Geschichtsbücher eingingen, gelten die 1990er-Jahre als goldene Dekade; obwohl die inflationsbereinigten Realrenditen von Obligationen positiv und die Risikoprämien von Aktien gegenüber Obligationen historisch betrachtet tief waren.

Gute Chancen für Aktien und Anleihen

Das neue Regime mit moderat höheren Realrenditen begünstigt den Wechsel von einer negativen zu einer tendenziell positiven Korrelation zwischen Aktien und Obligationen. Die erhöhten Kapitalkosten werden vorerst für eine tiefere Risikoprämie sorgen und wegen der Eskalationsgefahr im Nahen Osten sowie dem Krieg in der Ukraine weist die Ökonomie gegenwärtig mehr Parallelen zu den 1970er als zu den 1990er Jahren auf. Allerdings ist das weltweite Ölangebot heute regional stärker diversifiziert als vor 50 Jahren und es gibt auch Parallelen zu den 1990er Jahren. Die Weltwirtschaft befindet sich wie damals trotz gewisser Deglobalisierungstendenzen in einem technologischen Aufwärtstrend, der das nächste Jahrzehnt bestimmen wird. Als Treiber sieht das CIO-Office der Zürcher Kantonalbank insbesondere die Energiewende und die Integration von künstlicher Intelligenz in immer mehr Firmen und Branchen. Positive Realrenditen werden die Investitionen im Privatsektor zwar anfänglich bremsen. Mittelfristig werden sie aber für eine effiziente Allokation des investierten Kapitals und für Produktivitätsgewinne sorgen. Nach einer anfänglichen ertragsarmen Investitionsphase sind ab Mitte 2024 mit einer sukzessiven Steigerung des Produktivitätswachstums und besseren Gewinnaussichten für die Unternehmen zu rechnen.

«Die aktuellen Aktienbewertungen reflektieren die konjunkturelle Abkühlung noch nicht vollends, weshalb die Volatilität im ersten Quartal 2024 erhöht bleibt. Das ist aber der Zeitpunkt, um das Portfolio sukzessive zyklischer auszurichten und um die Aktienposition auszubauen», sagt Manuel Ferreira, Chefstratege der Zürcher Kantonalbank. Die im 1. Quartal 2024 erwartete Konjunkturschwäche dürfte allerdings schnell verdaut sein. Zudem sind die Zeiten vorbei, in denen die Anleger keine Alternative zu Aktien hatten. Anleihen werfen wieder positive Renditen ab und deren Kurse werden von der Konjunkturschwäche, dem Inflationsrückgang und den neutralisierenden Zinssenkungen profitieren. Mit der konjunkturellen Stabilisierung und dem neutralen Zinsumfeld werden auch die Aktienmärkte wieder positiver tendieren, weshalb die Chancen gutstehen, dass das gemischte Portfolio im Jahr 2024 und darüber hinaus erfolgreich sein wird.
 

Einschätzungen zu den einzelnen Anlageklassen

Obligationenmärkte: Die Notenbanken haben den Höhepunkt des Zinserhöhungszyklus zwar im Jahr 2023 erreicht, stimulierende Zinssenkungen sind allerdings nicht zu erwarten – nur neutralisierende. Die Nominalrenditen werden wegen der Konjunkturschwäche sinken, bleiben jedoch aufgrund von Inflationsrisiken auf überdurchschnittlichem Niveau. Es sind stabilere Erträge für Obligationen zu erwarten. Aufgrund der konjunkturellen Unsicherheiten liegt der Fokus zu Jahresbeginn auf Staatsanleihen. Chancen für Unternehmensanleihen gibt es im Jahresverlauf erst bei konjunkturellen Erholungstendenzen.

Aktienmärkte: Unternehmensgewinne erfahren zunächst noch Gegenwind. Der Nachfragerückgang und die gestiegenen Kosten bei Unternehmen sorgen für sinkende Margen und die Dividendenrenditen werden von der höheren Verzinsung am Kapitalmarkt herausgefordert. Die Risikoprämie von Aktien ist historisch tiefer, bleibt aber positiv. Innerhalb der Aktien präsentiert sich der US-Markt mit strukturellen Vorteilen. Europa muss hingegen zuerst noch die höheren Energiepreise und die Flaute im verarbeitenden Gewerbe verdauen. In China wird das Wirtschaftswachstum nicht mehr die gewohnte Stärke aufweisen, was für Aktien der Schwellenländer unterdurchschnittliches Potenzial mit sich bringt.

Währungen: Die Nachfrage nach dem US-Dollar wird 2024 grundsätzlich abnehmen, da der Zinshöhepunkt in den USA überschritten ist. Unter den defensiven Währungen sprechen die tiefe Bewertung und die Zinskonvergenz zu anderen Regionen für den japanischen Yen. Ein sinkender Zinsnachteil stützt auch den Schweizer Franken. Zyklische Währungen wie der Euro, der australische oder der kanadische Dollar bieten bei einer konjunkturellen Aufhellung im Jahresverlauf wieder mehr Potenzial.

Indirekte Immobilien Schweiz: Die Bewertungen sind wieder attraktiv und die Anlageklasse profitiert von höheren Mietzinseinnahmen. Das Ende des Tiefzinsumfelds limitiert hingegen Kursavancen bei den Schweizer Immobilien und der Vorteil der Ausschüttungsrendite zu festverzinslichen CHF-Anlagen ist kleiner geworden.

Rohstoffe: Die global angespannte Konjunkturlage wird zu Beginn des Jahres 2024 auf der Rohstoffnachfrage lasten. Die Preise bei den als zyklisch geltenden Rohstoffen nehmen allerdings bereits eine gewisse Abschwächung vorweg. Mit der erwarteten wirtschaftlichen Erholung im Jahresverlauf ergeben sich wieder Chancen. Strukturell besteht aufgrund der Thematik rund um die Energiewende überdurchschnittliches Potenzial bei Industriemetallen.

Gold: Für diese Anlageklasse bestehen kurzfristig Abwärtsrisiken. Gerade wegen den hohen Opportunitätskosten gegenüber festverzinslichen Anlagen erscheint die Bewertung von Gold als hoch. Potenzielle Zinssenkungen der wichtigen Notenbanken werden Gold im Jahresverlauf 2024 jedoch Auftrieb verleihen.