«Immobilien aktuell»: Jedes sechste Wohnhaus ist Naturgefahren ausgesetzt
Medienmitteilung vom 8. April 2025
- Bergkantone wie Glarus und Wallis am stärksten betroffen
- Grösste Gefahr durch Überschwemmungen
- 60 Jahre Stockwerkeigentum (STWE): Gemeinsames Sanieren als Bewährungsprobe
- Erneuerungsfonds gerade bei älteren STWE häufig zu tief
- Leerkündigungen: Im Schnitt haben Mietende drei Jahre Zeit bis zum Auszug
Jedes sechste Schweizer Wohnhaus liegt in einer von Naturgefahren bedrohten Zone. Die Gefahrenstufe ist dabei glücklicherweise meist gering oder mittel – jedes 125ste Wohngebäude liegt jedoch in Zonen mit erheblichen Gefahren. Dies zeigt eine Auswertung der Zürcher Kantonalbank in ihrer neusten «Immobilien aktuell»-Publikation. Auf Basis der kantonalen Gefahrenkarten wurde mit Hilfe des ZKB-internen geographischen Informationssystems (GIS) bestimmt, welche Wohngebäude in welchem Masse Naturgefahren ausgesetzt sind. Hochwasser und – mit deutlichem Abstand – Rutschungen zeigen sich dabei als Hauptgefahren; in den Bergen kann es zudem zu Lawinen und Bergstürzen kommen.
Besonders eindrücklich ist die Situation im Glarnerland: Fast die Hälfte der Wohngebäude ist hier mindestens einer Naturgefahr ausgesetzt. Es folgen die Kantone Wallis (36%), Schwyz (30%), Graubünden (29%) und St. Gallen (27%). Gerade in den Bergen sind starke Regenfälle problematisch, weil diese neben Überschwemmungen auch noch Rutschungen in Form von Murgängen und Gerölllawinen auslösen können. Im Kanton Zürich sind 13% aller Gebäude von Naturgefahren bedroht, wobei auch hier die Hochwassergefahr im Vordergrund steht. Im Tessin liegen erstaunlich wenige Wohngebäude in gefährdeten Zonen – und wenn doch, dann treffen für sie jedoch häufig die Gefährdungsstufen «mittel» und «erheblich» zu. Das heisst: Das Ausmass der möglichen Schäden könnte besonders hoch ausfallen.
«Für Immobilienkäufer ist es wichtig, sich möglichen Naturgefahren bewusst zu sein und sorgfältig abzuwägen, ob dieses Risiko für sie tragbar ist – und im Preis der Immobilie angemessen reflektiert wird», sagt Ursina Kubli, Leiterin des Immobilien-Research der Zürcher Kantonalbank. Insbesondere eine mögliche Zunahme von Schadensereignissen in der Region könnte den Wiederverkaufswert erheblich mindern. Bei Bedenken sollten Immobilienkäufer einen Sachverständigen hinzuziehen oder Versicherungen konsultieren.

Happy Birthday Stockwerkeigentum
Während Naturereignisse zuletzt viel Aufmerksamkeit generiert haben – Beispiel Brienz – ging der runde Geburtstag des Stockwerkeigentums (STWE) fast unbemerkt vorüber. Diese Wohneigentumsform feiert ihr 60-jähriges Bestehen seit dem Eintrag ins Schweizerische Zivilgesetzbuch am 1. Januar 1965. Ziel der gesetzlichen Einführung war es, breiten Bevölkerungskreisen Zugang zu Wohneigentum zu ermöglichen. Mit Erfolg: Die schweizweite Wohneigentumsquote nahm gemäss Bundesamt für Statistik seit 1970 von damals 29% auf heute rund 36% zu. Doch auch wenn STWE üblicherweise immer noch günstiger ist als ein Einfamilienhaus – eine «erschwingliche» Alternative ist es längst nicht mehr, insbesondere an urbanen Lagen. Mittlerweile kostet ein STWE im Kanton Zürich im Durchschnitt CHF 1,3 Mio.; in der Stadt Zürich sind es CHF 1,7 Mio.
Gemäss Berechnungen der Zürcher Kantonalbank ist rund jede fünfte Wohnung im Kanton Zürich Stockwerkeigentum. In der Stadt Zürich handelt es sich bei STWE in vielen Fällen um umgewandelte Mietwohnungen – so wurden 43% aller Gebäude mit STWE bereits vor 1965 und damit vor der Geburtsstunde des STWE gebaut. Neubau-STWE sind hier hingegen rar gesät: Nur 8% aller Gebäude mit STWE wurden in der Stadt Zürich nach 2016 gebaut. Zurückzuführen ist dies vor allem auf die fehlenden Flächen für Neubauprojekte in der Stadt; im Kanton liegt der Wert immerhin bei 13%.
Gemeinsames Sanieren als Herkulesaufgabe
Dies heisst gleichzeitig: Ein grosser Teil der Eigentumswohnungen treibt unweigerlich der ersten umfassenden Sanierung entgegen. Während bei Einfamilienhäusern ein einzelner Eigentümer die erforderlichen Massnahmen in die Wege leiten kann, muss der Entscheid im Stockwerkeigentum von einer Mehrheit getragen werden – im Extremfall sogar einstimmig. Dabei bietet der Umfang der Sanierung – nur das absolut Notwendige oder eine Luxussanierung inklusive Lifteinbau – bis zu Detailfragen wie der Fassadenfarbe viel Potenzial für Diskussionen.
Um zu beurteilen, ob das gemeinschaftliche Sanieren gelingt, hat das Immobilien-Research der Zürcher Kantonalbank die Bewertungen der letzten fünf Jahre von Stockwerkeigentumswohnungen im Kanton Zürich ausgewertet und dabei den Gebäudezustand von rund 6’800 Gebäuden mit über 42’000 Wohnungen analysiert. Es zeigt sich: Der Grossteil der Stockwerkeigentümer schafft es, auch mit zunehmendem Alter des Gebäudes die notwendigen Renovationsarbeiten durchzuführen. Drei Viertel der STWE-Gebäude haben in einem Alter von über 30 Jahren einen Zustand, der als «recht unterhalten1» beurteilt werden kann. Aber: 21% der über 30-jährigen Gebäude mit STWE sind sanierungsbedürftig, davon 3% sogar stark. Im Median liegen die Vermögen des Erneuerungsfonds bei älteren Häusern unter den Empfehlungen, selbst bei denjenigen mit Sanierungsbedarf. Der Schweizer Stockwerkeigentümerverband empfiehlt jährliche Einzahlungen von 0,4% des Gebäudewertes, bis ein Niveau von 6% erreicht ist – bei sanierungsbedürftigen Gebäuden dürfte jedoch ein deutlich höheres Polster angebracht sein.
«Viele Stockwerkeigentümer sind sich der Konsequenzen von fehlenden Mitteln im Erneuerungsfonds nicht bewusst. Dies birgt nicht zu unterschätzende Risiken und ist Nährboden für mögliche Konflikte. Beim Kauf von bestehendem STWE sollte sich der Erwerber über die in der Vergangenheit getätigten Erneuerungsinvestitionen, die Höhe des Fonds und über die noch zu erwartende Lebensdauer der gemeinschaftlichen Gebäudeteile informieren», sagt Ursina Kubli. Zudem könne die Durchsicht der vergangenen Protokolle einen wichtigen Hinweis darauf geben, ob Sanierungstätigkeiten Thema sind und wie generell die Stimmungslage im Haus ist. Die letzten Jahresrechnungen geben Auskunft über die effektiven Kosten und Investitionen.
1 Ältere Gebäude bezeichnen wir als «recht unterhalten», wenn in den letzten Jahren mindestens drei der folgenden Sanierungsmassnahmen durchgeführt wurden: Fassade, Wärmeerzeugung, Wärmeverteilung, Fenster, Dach, Sanitär-Anlagen, Elektro-Anlagen oder übrige Technik.
Leerkündigungen – Situation hat sich nicht verschärft
Aktuelle Beispiele erwecken den Eindruck, dass Leerkündigungen derzeit Hochkonjunktur haben. Eine Studie der Zürcher Kantonalbank im November 2024 ergab, dass zwischen 2018 und 2022 schweizweit jährlich mehr als 2’000 Mehrfamilienhäuser mit knapp 30’000 Bewohnenden leergekündigt wurden; hauptsächlich in den grossen Städten und Tourismuszentren. Für die neueste «Immobilien aktuell»-Publikation wurde diese Studie um ein Jahr fortgeschrieben – und untersucht, ob sich die Situation verschärft hat. Das Ergebnis: Tatsächlich haben Leerkündigungen in den letzten Jahren nicht zugenommen – im Kanton Zürich blieb die Zahl der leergekündigten Wohnungen in den Jahren 2022 und 2023 unter dem Niveau der beiden Vorjahre.
Leerkündigungen bleiben aber dennoch ein Dilemma. Sie sind häufig notwendig für die klimafreundliche Modernisierung und den flächeneffizienten Ausbau des Wohnungsangebotes. Für Betroffene hingegen bedeutet dies in den meisten Fällen, dass sie ihr vertrautes Umfeld verlassen müssen. Und häufig ist die Chance für eine vergleichbar günstige Wohnung in der Nähe gering. Damit Leerkündigungen sozial möglichst verträglich sind, braucht es vor allem eines: Zeit.
Um abzuschätzen, ob Vermieter frühzeitig kommunizieren, kann die Entwicklung der Bewohnerzahl in den Vorjahren der Leerkündigung Aufschluss geben. Es zeigt sich: Die Anzahl Personen in Gebäuden, die 2023 leer geworden sind, begann bereits ab dem Jahr 2021 zu sinken. Gleichzeitig änderte sich die Altersstruktur in diesen Gebäuden. Überraschenderweise zogen ältere Mieter als erstes aus, jüngere Mietende rückten nach und kamen wohl aufgrund des befristeten Mietverhältnisses zu günstigem Wohnraum. Das sind klare Indizien, dass Mieterinnen und Mieter im Durchschnitt mindestens drei Jahre im Voraus von einer vollständigen Entmietung des Gebäudes erfahren haben. Ob Vermieter mit einer langen Vorlaufzeit informiert hatten oder ob Mieter den Auszug nach dem Kündigungsschreiben rauszögern konnten, können diese Analysen nicht beantworten.
Ausblick Immobilienmarkt
Mit den günstigeren Finanzierungsbedingungen hat der Appetit der Käuferinnen und Käufer auf die eigenen vier Wände wieder zugenommen. Wer heute eine Eigentumswohnung kauft, hat niedrigere Wohnkosten, als wenn er in eine vergleichbare Mietwohnung ziehen würde. Nach einem historischen Tief bei der Anzahl der Transaktionen im Jahr 2023 legt die Marktaktivität wieder zu. Die Knappheit am Eigenheimmarkt wird sich entsprechend wieder zuspitzen, was zu weiteren Preiszuwächsen führen dürfte. Für den Kanton Zürich prognostiziert das Immobilien-Research, dass die Eigenheimpreise 2025 und 2026 jeweils um 4,5% steigen (schweizweit um jeweils 4%) werden. Auch der Mietmarkt wird trotz leichter Beruhigung des Bevölkerungswachstums von Knappheit geprägt sein. Die Leerstände dürften sich weiter reduzieren und für steigende Angebotsmieten sorgen.
