Mikrochips unter der Lupe
Die Herstellung von Mikrochips ist hochkomplex und hochspezialisiert. Das Fachwissen konzentriert sich auf wenige Unternehmen. Erfahren Sie im Beitrag von Anlagespezialist Jens Schweizer, was dies für Wertschöpfungsketten, die Versorgungssicherheit und Anlegerinnen und Anleger bedeutet.
Text: Jens Schweizer
Bienen bestäuben viele Pflanzen und sind damit unentbehrlich für unsere Nahrung. Winzige Bakterien zersetzen Materialien und halten den Kreislauf des Lebens intakt. Wie kann etwas so Kleines nur so wichtig sein? Die gleiche Frage stellt sich auch bei Mikrochips.
Die immer stärker fortschreitende digitale Revolution braucht immense Rechenleistung. Überall dort, wo Computer zur Anwendung kommen, sind Mikrochips unabdingbar. Als Kommunikationszentrum der Rechner bestimmen sie deren Leistungsfähigkeit massgeblich.
Mikrochips sind technisch gesehen eine Ansammlung von Transistoren, die elektronische Schaltungen ermöglichen. Gebaut sind sie aus Halbleitern, die je nach Modifikation Strom leiten. An und aus, null und eins – diese Parameter widerspiegeln das binäre Sprachmuster traditioneller Computer. Mit der Aneinanderreihung solcher Transistoren werden verschiedene Schaltmuster möglich. Je schneller die Schaltungen und je vielfältiger die Kombinationen, desto leistungsfähiger sind die Chips pro verfügbaren Platz.
Kein Land kann alles allein
Mikrochips sind winzig klein. Unzählige mikrobisch kleine Transistoren werden unterschiedlich kombiniert, um immer leistungsfähigere Chips zu gestalten. Der Produktionsprozess ist hochspezialisiert und erstreckt sich über die folgenden Schritte: Befehlssatzarchitektur, Design und Herstellung. Zur Herstellung werden zudem spezielle Maschinen benötigt. Diese müssen zu Arbeitsschritten fähig sein, die nicht einmal unter der stärksten Lupe sichtbar sind. Die Herstellung findet in hermetisch abgedichteten Produktionshallen statt. Gerade die Produktion, die Beschaffung neuer Maschinen und generell Weiterentwicklungen sind deshalb im aktuellen Forschungsstadium enorm kapital- und zeitintensiv. Das Fachwissen konzentriert sich auf wenige Unternehmen. Während die Herstellung hauptsächlich in Taiwan und Südkorea stattfindet, stammen Design und Architektur oft aus den USA. Kein Land kann alles allein.
Kapazitätausbau braucht Zeit
Die Corona-Pandemie hat die Schwächen globaler Prozessketten offengelegt. Die Chipherstellung ist ein besonders anfälliges Schönwettermodell. Aufziehende geopolitische Gewitterwolken – besonders am wichtigen Produktionsstandort Taiwan – bedrohen die Versorgungssicherheit. Initiativen wie die Chip Acts der EU und der USA zielen daher langfristig auf eine unabhängigere Produktion ab. Investitionen in lokale Kapazitäten dürften mit staatlicher Hilfe hochgefahren werden. Für Unternehmen und Investorinnen und Investoren sind die langwierigen Kapazitätsanpassungen herausfordernd, während die Nachfrage stark und kurzfristig schwankt. Unter- oder auch wie aktuell Überkapazitäten über längere Zeiträume sind keine Seltenheit. Zudem bleiben durch disruptive Weiterentwicklungen einige Unternehmen auf der Strecke. Ein finanzielles Engagement im Bereich sollte deswegen über eine breit diversifizierte Anlage stattfinden.
Starke Aktienkursentwicklung im letzten Jahr
In gängigen Indizes sind vor allem IT-Titel aus den USA gelistet, aber auch die Niederlande und Taiwan sind vertreten. Als Wachstumstitel sind diese nicht günstig bewertet. Gerade 2023 haben deren Aktienkurse stark zugelegt. Die weitere Entwicklung hängt davon ab, wie stark die Digitalisierung vorankommt und mit Chips versorgt werden kann. Kapazitäten werden weiter aufgebaut. Die Nachfrage bleibt zwar unberechenbar, zeigt aber langfristig nach oben. Dieser Aufstieg geht über einige Stolpersteine.
Dieser Beitrag wurde aktualisiert. Ursprüngliche Veröffentlichung am 11. April 2024.