Trumponomics bedroht die globale Wirtschaftssymbiose
Die USA rütteln an der globalen Wirtschaftssymbiose: Protektionistische Massnahmen und ein Umbruch in der US-Wirtschaftspolitik stellen die bisherigen ökonomischen Verflechtungen auf die Probe. Was bedeutet das für die Beziehungen zwischen den USA und anderen grossen Volkswirtschaften wie der Eurozone, China und Japan? Erfahren Sie, wie diese Veränderungen die globale Wirtschaft beeinflussen könnten.
Text: Manuel Ferreira

Die Aktienmärkte zeigen Donald Trump die kalte Schulter, der amerikanische Exzeptionalismus wurde ausgebremst und die US-Märkte senden Stagflationssignale. Was die USA genau vorhaben, ist nicht ganz klar. Der Blick auf die ökonomische Verflechtung der Vereinigten Staaten mit der Weltwirtschaft helfen allerdings, wichtige Zusammenhänge zu erkennen. Die USA rütteln im Moment an einer funktionierenden, wirtschaftlichen Symbiose.
Die globale Wirtschaftssymbiose: Wie die USA und der Rest der Welt voneinander profitieren
In der heutigen globalisierten Welt sind die wirtschaftlichen Verflechtungen zwischen den Nationen komplex und tiefgreifend. Ein besonders interessantes Beispiel ist die Beziehung zwischen den USA und anderen grossen Volkswirtschaften wie der Eurozone, China und Japan. Diese Beziehung kann als eine Art wirtschaftliche Symbiose beschrieben werden, bei der beide Seiten profitieren.
Die Sparlücke der USA und die Sparüberschüsse der anderen
Die USA haben eine chronische Sparlücke. Das bedeutet, dass die Amerikaner im Vergleich zu anderen grossen Binnenmärkten, wie der Eurozone oder China, weniger sparen. Diese Länder erwirtschaften demgegenüber regelmässig Sparüberschüsse. Diese Überschüsse fliessen in Form von Investitionen in die USA, da die Amerikaner besser darin sind, diese zu rentabilisieren. Diese Symbiose lässt sich gut anhand der Leistungsbilanzen der grössten Volkswirtschaften veranschaulichen. Das strukturelle Leistungsbilanzdefizit der USA entspricht nahezu dem Überschuss der anderen grossen Volkswirtschaften und ergibt sich aus dem US-Handelsdefizit und dem negativen Saldo ihrer Kapitalbilanz. Das heisst, die USA importieren mehr als sie exportieren und ihr Auslandsvermögen ist negativ.

Das Leistungsbilanzdefizit der USA entspricht dem Nettozufluss ausländischen Kapitals, welches die Sparlücke der USA kompensiert oder durch Umformulieren der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung dem Saldo aus inländischer Ersparnis (S) und Investitionen (I). Die USA weisen daher eine chronische Sparlücke auf.
Kapitalzuflüsse als Fitnessprogramm für die US-Wirtschaft
Der Nettozufluss an ausländischem Kapital stellt ausländische Ansprüche an die zukünftige US-Produktion. Solange das ausländische Kapital für Investitionen in der US-Wirtschaft verwendet wird, ist ein Leistungsbilanzdefizit unproblematisch. Es erhöht den Kapitalstock und die Produktivität der USA. Die letzten zehn Jahre zeigen, dass die US-Wirtschaft innovativ bleibt und ihre Ressourcen effizient einsetzt. Dies wird durch Daten wie die Investitionsquote, die Produktivität und die Ertragskraft der US-Unternehmen belegt. Kapitalzuflüsse aus dem Ausland sind für die US-Wirtschaft ein ähnliches Fitnessprogramm wie der starke Franken für die Schweizer Wirtschaft. Für ausländische Investoren ist das Währungsrisiko akzeptabel, zumal der US-Dollar als weltweit wichtigste Handels- und Reservewährung ausreichend nachgefragt wird. Vor diesem Hintergrund sind andere Länder, insbesondere exportorientierte Nationen, bereit, ihre Sparüberschüsse (Leistungsbilanzüberschüsse) in den USA anzulegen.
Die amtierende US-Administration hat offenbar Einwände
Die Trump-Administration hat jedoch begonnen, diese wirtschaftliche Symbiose zu stören. Aber wieso eigentlich? Handelsbilanzdefizite werden politisch instrumentalisiert und Handelspartner unfairer Wirtschaftspraktiken bezichtigt. Um das Handelsdefizit zu reduzieren, wird eine protektionistische Wirtschaftspolitik betrieben. Zölle werden erhöht, um die heimische Produktion zu schützen, und gleichzeitig wird die eigene Exportwirtschaft begünstigt. Das ist die politische opportunistische Erklärung, zumal diese Massnahmen ökonomisch nicht zielführend sind. Die etwas idealistischere Erklärung wäre, dass die USA einen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Grossumbau planen – weniger Auslandsschulden, weniger konsumorientiert. Das Leistungsbilanzdefizit soll sich in ein Überschuss verwandeln. Vier Jahre Legislatur reichen hierfür allerdings nicht. Das heisst, diese Regierung müssten den damit verbundenen wirtschaftlichen Gegenwind überleben oder die eigene Demokratie umbauen. Und letztendlich gibt es eine profane Erklärung: Die USA wollen ihre Finanzen in den Griff bekommen, bevor sie ein ernstes Haushaltsproblem haben. Damit würden die USA das Vertrauen insbesondere der Anleiheninvestoren und der Notenbank gewinnen und könnten auf tiefere Zinsen bzw. Renditen hoffen. Diese sind wichtig, um den US-Haushalt zu stabilisieren.
Fazit
Die wirtschaftliche Symbiose zwischen den USA und anderen grossen Volkswirtschaften wird von der neuen US-Administration herausgefordert. Das chronische Leistungsbilanzdefizit der USA ist unproblematisch, solange das Kapital produktiv eingesetzt wird. Protektionistische Massnahmen, um das Leistungsbilanzdefizit zu reduzieren, sind politisch opportunistisch motiviert und können das Wachstum bremsen. Die US-Wirtschaftspolitik ist im Umbruch und den Silberstreif am Horizont muss man zwar suchen, aber er ist da. Einige Massnahmen des US-Finanzministeriums zielen darauf ab, die wirtschaftliche Widerstandsfähigkeit zu verbessern. Der bisher grösste Erfolg der Trump-Administration ist jedoch, dass sie Europa aus seiner Lethargie geweckt hat. Wenn Europa mehr in die eigene Wirtschaft investiert und die USA weniger Schulden machen, würde die Symbiose nicht begraben.