Wirtschaftliche Verflechtung der Schweiz zum Nahen Osten

Rund 5 Prozent aller Schweizer Warenexporte gehen in den Nahen Osten, wobei die Schweiz gegenüber dieser Region einen überdurchschnittlich hohen Handelsbilanzüberschuss aufweist Erfahren Sie mehr dazu im Beitrag von Chefökonom Schweiz, David Marmet

Text: David Marmet

Aus Sicht der Exportnation Schweiz sind die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) der wichtigste Handelspartner im Nahen Osten. (Bild: Getty Images)

Seit dem Überfall der Hamas auf Israel Anfang Oktober 2023 ist der Nahe Osten auf tragische Art und Weise wieder in den Fokus der Weltöffentlichkeit gerückt. Debatten über Antisemitismus und anti-muslimischen Rassismus werden auch in der Schweiz intensiv geführt. Diese Kolumne liefert eine Auslegeordnung der wirtschaftlichen Verflechtung zwischen der Schweiz und einzelnen Ländern des Nahen Ostens.

Die Schweiz hat mit den wichtigsten Ländern im Nahen Osten im Rahmen der Europäischen Freihandelsassoziation (EFTA) ein Freihandelsabkommen abgeschlossen. Unter anderem mit Ägypten, Israel, Jordanien, Libanon, dem Golf-Kooperationsrat (inkl. Saudi-Arabien, Vereinigte Arabische Emirate und Katar) und auch mit den palästinensischen Behörden. Mit dem Iran besteht indes kein Freihandelsabkommen. Hingegen besteht zwischen der Schweiz und dem Iran – wie allgemein mit wichtigen Handelspartnern im Nahen Osten – ein Investitionsschutzabkommen und ein Doppelbesteuerungsabkommen.

Edelmetall und Kunst im Zentrum der Exporte

Aus Sicht der Exportnation Schweiz sind die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) der wichtigste Handelspartner im Nahen Osten, gefolgt von Saudi-Arabien, Ägypten und Israel. Die Schweiz exportierte 2022 Waren im Wert von 5,8 Mrd. Franken nach VAE, wobei die Hälfte davon Wertsachen wie Goldbarren oder andere Edelmetalle, Edel- und Schmucksteine sowie Kunstgegenstände waren. Bei den Einfuhren ist diese Relation sogar noch ausgeprägter. Von den importierten Gütern im Wert von 8,8 Mrd. Franken aus VAE fielen gerade einmal 9 Prozent nicht in die Kategorie Wertsachen. Diametral anders sieht das Bild mit Ägypten, Israel, Iran und den palästinensischen Autonomiegebieten aus: Hier ist der Exportanteil an Wertsachen verschwindend klein.

Investitionsverschiebung: Die VAE vor Israel

Die wirtschaftliche Verflechtung zeigt sich natürlich nicht nur über den Aussenhandel; auch Direktinvestitionen sind ein wichtiger Indikator. VAE ist hier ebenfalls der Spitzenreiter. Belief sich der Kapitalbestand von Schweizer Unternehmen in der Golfmonarchie vor 20 Jahren gerade mal auf 400 Mio. Schweizer Franken, betrug er 2022 über 6 Mrd. Franken. Ganz anders in Israel, wo der Kapitalbestand von Schweizer Unternehmen in den letzten 20 Jahren nicht zugenommen hat. Entsprechend hat Israel seine ursprüngliche Spitzenposition um die Jahrtausendwende inzwischen verloren und rangiert bei den schweizerischen Direktinvestitionen hinter VAE, Saudi-Arabien und Ägypten an vierter Stelle.

Bei einem Indikator hat VAE aber nicht die Nase vorn, und zwar beim Personalbestand von schweizerischen Tochterunternehmen im Ausland. In Ägypten sind knapp 16 000 Beschäftigte auf den Lohnlisten von Schweizer Unternehmen aufgeführt. In VAE sind es 11 000, in Saudi-Arabien 9 000 und in Israel 6 000.

Rund 5 Prozent aller Schweizer Warenexporte gehen in den Nahen Osten, wobei die Schweiz gegenüber dieser Region einen überdurchschnittlich hohen Handelsbilanzüberschuss aufweist. Bei den Schweizer Direktinvestitionen ist der Nahe Osten weniger bedeutend. Rund 2 Prozent des Personal- und 1 Prozent des Kapitalbestandes von Schweizer Unternehmen im Ausland entfallen auf diese Region. Mit einer Befriedung des Nahen Ostens würde unter anderem das Investorenvertrauen gestärkt ‒ mit der Folge, dass die hier aufgeführten wirtschaftlichen Verflechtungsanteile in der Folge durchaus steigen dürften.

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