Stefan, welche Daten gibt es in der Finanzbranche, und wie können sie genutzt werden?
Sie reichen von Kundeninformationen und Transaktions- über Marktdaten bis hin zu makroökonomischen Indikatoren und Sozialen Medien. Die Integration und Analyse dieser Daten können Banken und Finanzdienstleister dabei unterstützen, tiefere Einblicke in das Kundenverhalten zu gewinnen, datenbasierte Vorhersagen zu erstellen, Risiken besser zu managen und Marktchancen effizienter zu identifizieren.
Viel Hoffnung ruht dabei auf dem Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI). Welche Anwendungsbereiche gibt es spezifisch im Asset Management?
Pro Unternehmen stehen Hunderte Kennzahlen zur Verfügung, welche die Börsenkurse beeinflussen können. Durch eine geschickte Aufbereitung dieser Datenmengen können Machine-Learning-Modelle selbstständig Muster erkennen und verborgene Zusammenhänge zwischen Unternehmenskennzahlen und zukünftigen Renditen aufdecken. Auf diese Weise lassen sich tägliche Prognosen für die Kursentwicklung von Aktien weltweit ableiten. Diese Vorhersagen können anschliessend mittels eines ausgeklügelten Portfoliokonstruktions-Prozesses in Fonds und Mandate umgesetzt werden. Das Asset Management der Zürcher Kantonalbank verfügt schon seit mehreren Jahren über einen bewährten Machine-Learning-Algorithmus für die Aktienselektion und setzt diesen erfolgreich ein.
Gerade Large Language Models (LLMs) stehen im Rampenlicht. Wo werden sie im Asset Management eingesetzt?
Ein Anwendungsfeld ist die automatisierte Verarbeitung von Nachrichten, Unternehmensberichten und Konferenzgesprächen. So können täglich für jedes Unternehmen Sentiment-Indikatoren abgeleitet werden. Diese zeigen an, ob Nachrichten eine positive oder negative Stimmung widerspiegeln. Diese Sentiment-Indikatoren können als zusätzliche Informationsquelle genutzt werden, um fundierte Anlageentscheidungen zu treffen. LLMs unterstützen Portfoliomanagerinnen und -manager zudem in ihrer Paradedisziplin, nämlich dem Herauspicken preisrelevanter Informationen aus dem Daten-Dickicht. Dabei können speziell trainierte GPTs (Generative Pre-trained Transformers) helfen, Analystenberichte zusammenzufassen und die relevanten Informationen herauszuschälen.
Wie stark ist der Berufsstand der Portfoliomanagerinnen und -manager sowie von Analystinnen und Analysten gefährdet?
Es wird noch etliche Jahre dauern, bis die KI die menschliche Intelligenz in all ihren Facetten wie Argumentieren, visuelle Wahrnehmung oder motorische Fähigkeiten ebenbürtig nachbilden kann. Dennoch bietet KI bereits heute in einigen Bereichen erhebliche Vorteile. Sie kann zum Beispiel riesige Datenmengen in kürzester Zeit analysieren und selbstständig Muster erkennen, die für den Menschen oft unsichtbar bleiben. Die entscheidende Frage lautet: Wie können wir KI geschickt einsetzen, um unsere Arbeit zu unterstützen, bessere Entscheidungen zu treffen und unsere Effizienz zu steigern?