Auswandern: Eine gute Vorbereitung ist zentral
Personen, die auswandern wollen oder solche, die bereits im Ausland leben, sind mit vielen Fragen konfrontiert. Wie viel Geld brauche ich für meine Lebenskosten? Wie bin ich versichert, wenn mir im Ausland ein Unfall passiert? Dieser Beitrag gibt einen Einblick in Themen, mit denen man sich auseinandersetzen sollte.
Text: Adrian Vonlanthen

Im Bereich Finanzen sind zentrale Fragen zu klären, mit deren Beantwortung die Weichen für ein erfolgreiches Abenteuer im Ausland gestellt werden. Diese Punkte sind zu beachten:
- Bei einem Wegzug aus der Schweiz ergeben sich im neuen Wohnland neue Lebenskosten. Es lohnt sich deshalb, das Startkapital zu berechnen und einen Finanzplan zu erstellen, der Spielraum für unvorhergesehene Zusatzkosten enthält.
- Viele Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer sind auch nach dem Domizilwechsel ins Ausland auf eine Bankverbindung in der Schweiz angewiesen; dies kann zum Beispiel für die Hypothek oder die Auszahlung der Pensionskassengelder erforderlich sein. Deshalb sollte frühzeitig geklärt werden, welche Finanzinstitute einen solchen Service anbieten.
- Zudem muss in einigen Ländern zuerst ein Vermögens- oder Einkommensnachweis erbracht werden, um überhaupt ein lokales Bankkonto eröffnen zu können. Die stabile Wirtschaftslage der Schweiz und der starke Franken sind ebenfalls mögliche Gründe, weshalb es sich lohnen kann, ein Schweizer Bankkonto auch nach der Auswanderung beizubehalten.
- Sofern Immobilien vorhanden sind, sollten idealerweise die Laufzeitfälligkeit der Hypothek und allfällige Auswirkungen auf die Tragbarkeitsprüfung geprüft werden – dies gilt besonders, wenn das Eigenheim nach der Auswanderung vermietet wird.
- Für bestehende Bankkonten empfiehlt es sich, vor einer Auswanderung die Kontokonstellation sowie die Vollmachten zu prüfen. Vollmachten bieten Flexibilität und sind insbesondere dann hilfreich, wenn administrative Hilfe bei unerwarteten Ereignissen benötigt wird.
- Vorsorge und Steuern können je nach Zielland stark variieren. Daher ist es ratsam, frühzeitig Abklärungen zu treffen und sich allenfalls von Fachpersonen beraten zu lassen.
Bei Versicherungen nichts dem Zufall überlassen
Das Thema Versicherungen hat einen starken Bezug zum Thema Finanzen, und auch hier sind wichtige Faktoren vor der Auswanderung zu berücksichtigen. Mit dem Domizilwechsel ins Ausland entfällt fast immer die hierzulande geltende gesetzliche Verpflichtung zur Kranken- und Unfallversicherung. Auswanderinnen und Auswanderer sollten sich deshalb frühzeitig bei Schweizer oder internationalen Krankenversicherern über ihre Optionen erkundigen und in Erfahrung bringen, wie das Gesundheitssystem im neuen Wohnland aufgebaut ist. Da die Anforderungen an Krankenversicherungen individuell sind, prüfen Sie je nach Bedürfnis zusätzliche Leistungen. Falls das neue Domizilland eine obligatorische Versicherung anbietet, ist es ratsam zu prüfen, ob eine vorübergehende Lösung erforderlich ist, bis diese aktiv ist, und ob die obligatorische Lösung den gewünschten Standard bringt.
Einzelne Schweizer Krankenversicherungen bieten auch internationale Dienstleistungen an. Als weitere Option stehen internationale Anbieter zur Verfügung. Es empfiehlt sich, bei den internationalen Versicherungslösungen zu prüfen, ob für die Schweiz selbstverständliche Versicherungsleistungen, beispielsweise Schwangerschaften, inkludiert sind. Wichtig zu beachten ist, dass die Versicherungslösungen bei Schweizer Krankenversicherungen vor der Abmeldung bei der Gemeinde abgeschlossen werden müssen.
Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer bleiben immer ein Teil der Schweiz
Grundsätzlich ist es empfehlenswert, sich vor der Ausreise intensiv mit den Gegebenheiten im neuen Wohnland zu befassen, um ein besseres Verständnis für die alltäglichen Herausforderungen der Einwohnerinnen und Einwohner zu erlangen und einen eigenen Umgang damit zu finden. Wichtig zu wissen ist, dass Auslandschweizerinnen und -schweizer immer Teil der Schweiz bleiben und weiterhin an Wahlen und Abstimmungen teilnehmen können. Hierfür muss jedoch ein Gesuch bei der Schweizer Vertretung eingereicht werden.
Die Zürcher Kantonalbank hat eine Checkliste (PDF, 194 KB) erstellt, die bei der Vorbereitung auf ein Leben im Ausland unterstützen soll.
Interview: Was Ausgewanderte beschäftigt
Als wichtige Auskunfts- und Beratungsstelle begleitet die Genossenschaft Soliswiss viele Personen, die sich mit dem Thema Auswanderung auseinandersetzen. Ebenso steht Soliswiss Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer nach dem Schritt ins Ausland mit Rat und Tat zur Seite.
Im Interview berichtet Nicole Töpperwien, Geschäftsführerin von Soliswiss, mit welchen Fragen sie im Austausch mit Personen, die im Ausland leben, am häufigsten konfrontiert ist.
Nicole Töpperwien, im Notfall abgesichert zu sein ist ein wichtiges Thema. Welche Aspekte müssen Personen, die im Ausland leben wollen, frühzeitig klären?
Es gibt eine Vielzahl an Themen und immer ein paar Knacknüsse. Wo diese liegen, ist je nach Situation verschieden. Wichtige Themen für eine gute Absicherung sind jedoch die Sozialversicherungen, insbesondere die Altersvorsorge und die Krankenversicherung, aber auch die Absicherung gegen die finanziellen Folgen einer Invalidität oder Arbeitslosigkeit. Je nach Wohnsitzland lohnt es sich, eine Haftpflichtversicherung abzuschliessen oder eventuell sogar eine Versicherung, die bei einer Entführung greift. Es gibt viele zentrale Finanzfragen, von der Klärung der Beziehung zur Schweizer Bank und dem eventuellen Wechsel der Bankbeziehung, etwa wenn die eigene Bank keine oder keine befriedigende Lösung für Auslandschweizerinnen und -schweizer anbietet, bis hin zu Steuerfragen. Auch die Nachlassplanung und die Absicherung der Angehörigen muss neu angeschaut werden, wenn man ins Ausland zieht. Bei allen Fragen ist es wichtig, immer die Situation der ganzen Familie zu betrachten.
Inwiefern unterscheiden sich die finanziellen Fragestellungen je nach Land, in dem die Personen leben?
Es gibt grosse Unterschiede. Wenn jemand zum Beispiel in ein Land mit grosser politischer Instabilität und schwacher Währung auswandert, dann werden andere Aspekte im Vordergrund stehen als bei einem Umzug in ein wirtschaftlich stabiles Land. Auch die Möglichkeiten unterscheiden sich nach Wohnsitzland, so ist es zum Beispiel je nach Land unterschiedlich schwer oder einfach, ein Schweizer Bankkonto zu behalten, in der Schweiz in Wertschriften investiert zu bleiben oder eine Hypothek für eine Ferienliegenschaft in der Schweiz zu erhalten. Teilweise kann es sehr interessant sein, im Wohnsitzland zu investieren, in anderen Fällen stellt dies ein Risiko dar, zum Beispiel wenn nur beschränkt Geld wieder ausgeführt werden kann. Gewisse Länder bieten gute Möglichkeiten, für das Alter vorzusorgen, bei anderen reichen die staatlich-geförderten Optionen nicht aus oder man verliert Ansprüche, wenn man später wieder in die Schweiz zurückziehen möchte. Natürlich gibt es auch sehr grosse Unterschiede in den Steuersystemen und bei der zu erwartenden Steuerbelastung oder der Höhe der Sozialversicherungsbeiträge oder bei anderen Abgaben. Auch die Unterschiede in den Lebenskosten der jeweiligen Länder sind nicht zu unterschätzen.
Mit welchem weiteren Thema werden Sie häufig konfrontiert?
Die Krankenversicherung ist eines der zentralen Themen. Dies ist wohl die wichtigste Versicherung, die man als Privatperson haben kann. Steht man ohne Versicherung da, kann dies zu einer grossen finanziellen und auch emotionalen Belastung werden. Bei einer Auswanderung in die EU/EFTA muss man sich meistens nicht viele Gedanken machen, denn mit wenigen Ausnahmen besteht Zugang zu einer Krankenversicherung. Hier ist die Herausforderung eher, dass die Regelungen zur Versicherungsunterstellung sehr komplex sind. Bei einer Auswanderung in andere Länder kann je nach Alter und Gesundheitszustand der Zugang zu einer Krankenversicherung jedoch Kopfzerbrechen bereiten. Die Krankenversicherungssituation schauen wir uns daher immer speziell an. Häufig werden wir auch von Personen angefragt, deren Pläne nicht ganz in die gängigen Schemata passen, zum Beispiel Personen, die in mehr als einem Land oder als Globetrotter nirgendwo zuhause sind. In diesen Fällen stellen sich viele spezifische Fragen, wie sich dieser Lebensplan am besten verwirklichen lässt.
Welchen Herausforderungen unterschätzen im Ausland lebende Personen häufig?
Es braucht jeweils etwas Zeit und viel Geduld, bis das neue Wohnland mit all seinen Eigenheiten zur Heimat und das System in der neuen Heimat verstanden wird. Selbst im benachbarten Ausland funktionieren zum Beispiel die Behörden anders als in der Schweiz – und das heisst nicht, dass sie schlechter funktionieren. Auch ist es nicht immer einfach, gute Informationen zu bekommen, da jeder, der auswandert, ein Stück weit ein Einzelfall ist, mit dem die Behörden vielleicht nicht vertraut sind. Daher raten wir immer, sich für wichtige Dinge, insbesondere für das Thema Steuern, Unterstützung zu suchen. Unter anderem gibt es diesbezüglich folgende Punkt zu beachten:
- Das Zuzugs- oder Wegzugsjahr muss immer sorgfältig angeschaut werden. In der Schweiz endet in der Regel die unbeschränkte Steuerpflicht mit dem Wegzugsdatum und beginnt wieder am Tag des Zuzugs, andere Länder schauen sich je nach Zuzugstermin das gesamte Jahr an. Auch gibt es teilweise Wegzugssteuern.
- Der Bezug der zweiten und dritten Säule kann hohe Steuerfolgen im Wohnsitzland mit sich bringen. Hier empfiehlt es sich, verschiedene Optionen und mögliche Steuerfolgen frühzeitig abzuklären.
- In vielen Ländern bestehen Deklarationspflichten, selbst wenn auf einen Betrag keine Steuern erhoben werden, und das Nichtbeachten kann unangenehme Folgen haben.
- Auch die ausländischen Erbschaftssteuern sind zu bedenken. In gewissen Ländern wird der Nachlass besteuert, in anderen zahlt die Erbin oder der Erbe auf den jeweiligen Erbteil. Viele Länder besteuern am letzten Wohnsitz des Erblassers, andere hingegen am Wohnsitz der jeweiligen Erben. Diese Systemunterschiede können zu einer Doppelbesteuerung führen.
Mit einer guten Planung können viele böse Überraschungen vermieden werden. Es ist nie alles planbar, doch eine gute Vorbereitung hilft, so dass man sich dann mit Freude auf Land und Leute einlassen kann.