Eine Frage der Zeit
Douglas Mandry hält die Eisschmelze auf Gletschervlies fest.
Text: Markus Wanderl | aus dem Magazin «ZH» 1/2022
Alles hat seine Zeit. Anscheinend auch unsere Gletscher. Kommt es so weit, wird gesagt werden: Wie atemberaubend schnell sie verschwunden sind. Mitunter ist Zeit flüchtig, jene, die wir reguliert haben, wo wir nur konnten, sowieso, doch ist es manchmal auch jene, über welche wir nicht zu entscheiden vermögen. Es ist jener natürliche Zyklus, den Douglas Mandry, 31, in seiner Arbeit beleuchten will und der ihn zur Frage geführt hat: Wie kommt Zeit in der Natur vor? Und wie lässt sich das abbilden? Von Satelliten aus geschossene Vorher-Nachher-Aufnahmen, die verdeutlichen, wie sehr unsere Gletscher bereits geschmolzen sind, gibt es zuhauf und doch lassen sie uns häufig unberührt zurück. Zu technisch-modern sind sie. Sie hinterlassen kaum Spuren in unserem Hirn. Den Wandel erleb- und spürbar zu machen, das gelingt Mandry in seiner Serie «Monuments» so: Der Wunsch, mit (gebrauchtem) Gletschervlies zu arbeiten, jenem Material, das im Sommer exponierte Eisflächen bedeckt und eben das Abschmelzen verlangsamen soll, stand am Anfang. Mit der Technik der Lithografie bedruckt Mandry die Vliese mit Fotografien von Gletscherregionen aus den 1920er-Jahren, als die Gletscher noch intakt gewesen sind und die Bergausrüstungen nur ein Behelf; andererseits platziert Mandry Gletschereis, das er von seinen Expeditionen mitbringt, auf lichtempfindliches Papier. Das schmelzende Eis breitet sich auf dem Fotopapier aus und bildet gelblich-helle bis rötlich-dunkle Flächen, je nachdem, wie viel Licht auf das Papier gelangt: Jene Fotogramme sind ebenfalls Bestandteil der Serie – deren Ende eine Frage der Zeit ist.
Serie «Kunstpause»
Die Zürcher Kantonalbank sammelt Zürcher Gegenwartskunst. Damit fördert sie die Kreativwirtschaft im Sinne des Leistungsauftrags. Ob Malerei, Zeichnung, Videokunst, Skulptur oder Kunst am Bau: Die Werke sind im ganzen Kanton in den Räumlichkeiten der Bank ausgestellt.
In der Serie «Kunstpause» geben wir Einblick in die Sammlung und porträtieren jeweils eine Künstlerin oder einen Künstler und stellen ein Werk vor.