Wir erben – was müssen wir wissen?

Bei einer Erbteilung müssen Erbinnen und Erben ­zahl­reiche ­Ent­scheidungen treffen und sich mit Rechten und Pflichten ­auseinandersetzen. Erbschaftsberaterin Cristina Bentele beantwortet die wichtigsten Fragen zum Thema.

Text: Patrick Steinemann / Illustrationen: Alexander Glandien | aus dem Magazin «ZH» 3/2024

Illustration Erbteilung Tresor

Welche Vorkehrungen sollten schon vor dem Todesfall getroffen werden?

Es ist ratsam, mit den Eltern rechtzeitig das Gespräch zu suchen, damit der Nachlass und persönliche Wünsche besprochen werden können. Die Nachkommen sollten auch wissen, wo wichtige Unterlagen aufbewahrt werden.

Wie startet eine Erbteilung?

Den Anstoss gibt die Meldung des Todesfalls beim Zivilstandsamt am Sterbeort. In der Folge eröffnet das Steueramt der Wohngemeinde ein Inventarisierungsverfahren. Dabei muss im Kanton Zürich eine Steuererklärung per Todestag, ein Inventarfragebogen und ein Tresoröffnungsprotokoll eingereicht werden. Durch das Ausfüllen der Formulare erhalten die Erben einen ersten Überblick über Guthaben und Schulden.

Wer führt die Erbteilung durch?

Hat die verstorbene Person nichts anderes bestimmt, ist die Erbteilung im Kanton Zürich Sache der Erben. Hat der Erblasser oder die Erblasserin einen Willensvollstrecker ernannt, führt dieser die Erbteilung durch. Ein Willensvollstrecker verwaltet das Erbe, begleicht allfällige Schulden, richtet Vermächtnisse aus und teilt den Nachlass gemäss Gesetz und den von der verstorbenen Person in einem Testament und/oder Erbvertrag getroffenen Anordnungen.

Welche Rolle spielen Testament und Erbvertrag?

Wer sich im Besitz eines Testaments einer verstorbenen Person befindet, ist verpflichtet, dieses dem Bezirksgericht zur Eröffnung einzureichen. Bei Erbverträgen muss dies nur erfolgen, wenn im Vertrag so vorgesehen. Gesetzliche und testamentarisch eingesetzte Erbinnen und Erben erhalten eine Fotokopie des Testaments oder des Erbvertrags sowie ein gerichtliches Urteil mit Erläuterungen. Danach können die Erben beim Bezirksgericht einen Erbschein verlangen, welcher sie als erbberechtigte Personen ausweist und sie berechtigt, gemeinsam über die Erbschaft zu verfügen.

Wie wird eine Erbteilung mit mehreren Erben abgewickelt?

Wenn mehrere Erbinnen oder Erben einen Nachlass antreten, bilden sie eine Erbengemeinschaft. Die Erben treten in die Rechte und Pflichten der verstorbenen Person ein und haften solidarisch. Sie dürfen nur gemeinsam und einstimmig bestimmen. Nach der Teilung des Nachlasses ist die Erbengemeinschaft wieder aufgelöst.

Wann können die Erbinnen und Erben über den Nachlass verfügen?

Sobald ein Erbschein vorliegt, können die Erben gemeinsam die Vermögenswerte, Schmuckstücke oder Fahrzeuge verteilen sowie Grundeigentum überschreiben lassen oder verkaufen. Sie können dann auch allfällige Vermächtnisse ausrichten. Jedoch ist zu beachten, dass Rückstellungen für eine allfällige Erbschaftssteuer gebildet werden.

Wie wird der Nachlass bewertet?

Massgebend für die Erbteilung ist der Verkehrswert von Grundeigentum, physischen Wertgegenständen oder Anlagen zum Zeitpunkt der Teilung. Falls nötig, können Expertengutachten eingeholt werden. Sind sich die Erben einig, können sie auch gemeinsame Vereinbarungen zur Bewertung treffen. Allerdings gilt es in Bezug auf Grundeigentum zu beachten, dass das Steueramt «Familienpreise» als Querschenkung unter den Erben einstufen und entsprechend besteuern kann.

Wie lange dauert eine Erbteilung?

Je nach Situation kann eine Nachlassregelung sehr zeitintensiv und umfassend werden. In der Regel dauert sie ein bis zwei Jahre. Ein Nachlass sollte jedoch möglichst zeitnah geteilt werden, da sonst allfällige Steueraufschübe nicht mehr gewährt werden. Auch kann der Kreis der Erbenden durch weitere Todesfälle unter den Erben grösser und können gemeinsame Entscheidungen so immer schwieriger werden.

Kann eine Erbschaft auch ausgeschlagen werden?

Will ein Erbe nicht Erbe werden, beispielsweise weil der Nachlass überschuldet ist, kann er die Erbschaft ausschlagen. Die Ausschlagungsfrist beträgt drei Monate ab Kenntnis des Todes des Erblassers. Wer sich allerdings in die Angelegenheiten der Erbschaft einmischt oder sich Nachlasswerte aneignet, kann die Erbschaft nicht mehr ausschlagen. Sind die Vermögensverhältnisse zur Zeit des Todes unübersichtlich, kann eine Erbin oder ein Erbe innerhalb Monatsfrist die Aufnahme eines öffentlichen Inventars verlangen. Wird das Erbe später unter öffentlichem Inventar angenommen, so haften die Erben nur für die aus dem Inventar hervorgehenden Schulden.

Illustration Erbteilung Bilderrahmen

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