Was ist Goodwill?
Unternehmensübernahmen und -verkäufe sind nicht nur operative und rechtliche Herausforderungen, sondern werfen auch viele finanzielle Fragen auf. Der tatsächliche Wert eines Unternehmens geht oft über den reinen Substanzwert hinaus und berücksichtigt immaterielle Vermögenswerte wie Marken, Patente und das Wissen der Mitarbeiter. Der sogenannte Goodwill spiegelt das Potenzial für zukünftige Umsätze und Erträge wider und kann den Kaufpreis erheblich beeinflussen.
In der Wirtschaft kommt es immer wieder zu Übernahmen und Verkäufen von Unternehmen. Damit gehen nicht nur operative, kulturelle, rechtliche oder prozessbezogene Herausforderungen einher, sondern auch viele Fragen finanzieller Art. Wie viel ist eine Firma tatsächlich wert? Was ist ihr fairer Preis? Knifflige Probleme, denn es existieren unterschiedliche Bewertungsmethoden. Zudem herrschen in jeder Branche und bei jeder Ausgangslage individuelle Bedingungen. Nicht selten wird für ein erfolgreiches Unternehmen bei der Übernahme ein weit höherer Preis bezahlt, als der reelle Substanzwert vorgibt.
Ein Beispiel: Eine Schirmfabrik verfügt über Produktionshallen, Maschinen, Warenlager, Rohmaterial, Lieferfahrzeuge und so weiter. In der simpelsten Theorie errechnet sich der Kaufpreis aus den kumulierten Vermögenswerten minus aller Verbindlichkeiten – also dem Substanzwert. Freilich entspricht dies kaum der Realität, denn die wirklich wertvollen Vermögenswerte sind oft immaterieller Natur und finanziell nur schwer zu bemessen. Denken Sie an das Wissen der Mitarbeiter, einen loyalen Kundenstamm, eine weltweit etablierte Marke oder an exklusive Rechte, Patente und Lizenzen, die sich monetarisieren lassen. Geistigem Eigentum kommt hier eine besondere Bedeutung zu. Stellen Sie sich in einem anderen Beispiel ein Chemie- oder Medizinlabor vor, das jahrelang in die Forschung für ein bahnbrechendes Produkt investiert hat, das jedoch erst in ein paar Jahren seine Marktreife erreichen wird. Sie sehen das Problem: Beim Kauf eines Unternehmens spielt oft weniger dessen Substanzwert eine Rolle, sondern das Potenzial für zukünftige Umsätze und Erträge.
Goodwill und seine Rolle bei Unternehmensübernahmen
Auf dieser Grundlage sind Käufer bereit, für ein Unternehmen einen Mehrpreis für selbst geschaffene ideelle Werte zu bezahlen, der über der Börsenkapitalisierung oder dem buchhalterisch ermittelten Substanzwert liegt. Diesen Mehrpreis nennt man «Goodwill». Bei Wertpapieren gibt es mit dem «Agio» etwas Ähnliches. Wird eine Aktie mit Nennwert CHF 100 zu einem Preis von CHF 110 verkauft, beträgt das Agio CHF 10 und stellt eine Prämie dar, um das Finanzinstrument zu erwerben. Der Aktienkurs reflektiert die Zukunftserwartungen des Geschäftserfolges. Manchmal wird ein Unternehmen allein aus taktischen oder strategischen Überlegungen gekauft. Es könnte beispielsweise das fehlende Mosaiksteinchen sein, um eine besondere Marktstellung zu erlangen. Oder es handelt sich um einen Mitbewerber, der in einer Region tätig ist, in die man selbst expandieren möchte, oder der über Know-how verfügt, das einem fehlt. Goodwill bietet dem Käufer einen langfristigen, perspektivischen Wert, den er zu zahlen bereit ist.
Synergien, proprietäre Technologien, Branchenbedeutung, bestehendes Kundennetzwerk, Standortvorteile, die Qualifikation von Management und Mitarbeitern: Die Liste der Kriterien für eine Firmenübernahme lässt sich beliebig verlängern. Deshalb ist es so wichtig, das Konzept des Geschäfts- oder Firmenwerts gut zu verstehen, denn der Goodwill lässt sich nur schwer beziffern. Insbesondere in Fällen, in denen nicht auf alle erforderlichen Daten zugegriffen werden kann oder diese erst gar nicht vorhanden sind, muss man mit Annahmen und Prognosen arbeiten. Meistens lässt sich der Goodwill in der Bilanz aktivieren. Das heisst, er steht als abstrakter, immaterieller Vermögenswert auf der Aktivseite und lässt sich über die Jahre abschreiben. Ob sich die Zahlung eines Goodwills letztlich gelohnt hat, zeigt sich oft erst Jahre später.