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Immobilienstudie: Mieterinnen und Mieter sind im goldenen Käfig

Medienmitteiliung vom 21. November 2023

  • Regulierungen im Mietwohnungsmarkt schützen Bestandsmieterinnen und -mieter vor Mietzinserhöhungen. Diese Ersparnis führt zu Fehlanreizen
  • Bestandsmieter sparen gegenüber Neumietern schweizweit total CHF 6,9 Mrd. pro Jahr, was viele vom Umzug abhält
  • Als Folge sind grosse Wohnungen häufig unterbelegt und kleine überbelegt
  • Die Immobilienpreise in der Schweiz dürften 2023 langsamer wachsen; vermehrt sind zweite Vermarktungsanläufe notwendig
  • Jedes zweite Zürcher Einfamilienhaus wird von Mietern bewohnt
     

Bestandsmieterinnen und -mieter haben derzeit guten Grund, an ihrer Wohnung festzuhalten – selbst wenn sie von der Grösse oder der Lage nicht mehr passend ist. So sparen Bestandsmieter im Kanton Zürich im Schnitt 16 Prozent gegenüber Neumietern, was jährlich CHF 3'000 entspricht. In der Stadt Zürich zeigt sich dieser Verweilbonus mit 26 Prozent bzw. rund CHF 5'300 noch ausgeprägter. Über alle Haushalte in der Stadt Zürich multipliziert ergibt dies eine Mietersparnis von jährlich insgesamt CHF 1,1 Mrd. Dies zeigt die Studie «Immobilien aktuell» (PDF, 2 MB) des Immobilienresearchs der Zürcher Kantonalbank.

Während die Angebotsmieten schweizweit seit 2008 um knapp 25 Prozent zugenommen haben, sind die Bestandsmieten relativ stabil geblieben. Letztere sind durch Regulierungen geschützt und dürfen nur in seltenen Fällen angepasst werden. Dabei zeigt sich: Je regulierter und je gefragter ein Mietwohnungsmarkt ist, desto grösser fällt der Verweilbonus aus. So liegt dieser in Genf – einem Paradebeispiel für einen hoch regulierten Mietmarkt – bei sogar 54 Prozent.

Zürich als Hochburg der Langzeitmieter

«Strikte Mietregulierungen erleichtern die Situation für Bestandsmieter, sie schaffen aber auch finanzielle Fehlanreize. Mieter bleiben in ihren Wohnungen, obwohl sie zu klein sind, zu gross sind oder aus sonstigen Gründen eigentlich nicht mehr passen. Bestandsmieter befinden sich zunehmend in einem goldenen Käfig», sagt Ursina Kubli, Leiterin Immobilienresearch bei der Zürcher Kantonalbank.

So wohnt ein Mieter in der Stadt Zürich im Durchschnitt bereits seit zehn Jahren in der gleichen Wohnung; bei 15 Prozent der Mieterinnen und Mieter sind es sogar zwanzig Jahre. Dies sorgt für Verteilungsprobleme: In der Stadt Zürich sind beispielsweise 7 Prozent aller kleinen Mietwohnungen überbelegt und sogar 65 Prozent aller grossen Wohnungen unterbelegt . Aber: Ein Umzug in eine kleinere Wohnung ist nicht selten mit höheren Kosten verbunden. «Wer vor 25 Jahren im Kanton Zürich in eine Vier-Zimmer-Wohnung gezogen ist, würde heute für den gleichen Mietpreis nur noch eine Zwei-Zimmer-Wohnung finden. Es verwundert also nicht, dass Mieter eher ein Zimmer leer stehen lassen, als sich nach einer kleineren – und teureren – Wohnung umzuschauen», sagt Ursina Kubli.

Zwar müssen sich auch bestehende Mieterinnen und Mieter auf steigende Kosten einstellen – der Referenzzinssatz dürfte im Dezember ein zweites Mal angehoben werden; an der deutlichen Differenz zu den Bestandsmieten wird dies jedoch wenig ändern. Denn: In diesem Jahr dürften die Angebotsmieten im Kanton Zürich um deutliche 5,5 Prozent steigen, 2024 nochmals um 4,5 Prozent; schweizweit um 3,5 bzw. 4 Prozent im nächsten Jahr.

Eine Lösungsmöglichkeit sieht Ursina Kubli in besseren Rahmenbedingungen für den Wohnungsbau: «Ein wachsendes Angebot würde den Anstieg der Angebotsmieten dämpfen und somit auch das weitere Auseinanderdriften von Angebot- und Bestandsmiete bremsen.»

 

Grafik 1: Je regulierter der Mietwohnungsmarkt, desto grösser der Verweilbonus

Unterschied zwischen Angebots- und Bestandesmiete für ausgewählte Regionen pro Jahr

Verweilbonus im Durchschnitt
Quelle: BFS, Zürcher Kantonalbank

Wachstumsverlangsamung bei Immobilienpreisen

Im Gegensatz zur Situation für die Neumieter dürfte es sich für Eigenheimkäufer etwas entspannen. Auf breitflächige Preisrückgänge können sie zwar nicht hoffen – das Wachstum dürfte dieses Jahr schweizweit noch bei 1 Prozent liegen, 2024 bei 0,5 Prozent (Kanton Zürich: 2023 bei 2 Prozent und 2024 bei 1 Prozent). Aber: Käuferinnen und Käufer haben wieder etwas mehr Zeit für vertiefte Abklärungen.

Auch wird nicht mehr alles zu jedem Preis gekauft. «Überrissene Preise, wie wir sie zu Pandemiezeiten gesehen haben, werden aktuell nicht mehr gezahlt. Das Preis-Leistungs-Verhältnis muss Sinn ergeben – das gilt genauso für gute wie für schlechte Lagen. Aus finanziellen Überlegungen muss derzeit niemand mehr kaufen. Wer sich jetzt für eine Immobilie entscheidet, will, dass wirklich alles stimmt», sagt Ursina Kubli. Das zeige sich auch daran, dass vermehrt ein zweiter Vermarktungsversuch – üblicherweise einhergehend mit einem niedrigeren Preisschild – notwendig ist.

Grafik 2: Prognosen zum Wohnungsmarkt

Prognosen-11-23

In jedem zweiten Zürcher Einfamilienhaus wohnt ein Mieter

Ein Eigenheim zu kaufen – erst recht ein Einfamilienhaus (EFH) – bleibt für die allermeisten Schweizerinnen und Schweizer jedoch weiterhin ein ferner Traum. Nicht nur die hohen Kosten sind ausschlaggebend, sondern auch das weiterhin überschaubare Angebot. Eine Alternative könnte sein, ein EFH zu mieten. So sind gemäss Immobilienresearch der Zürcher Kantonalbank schweizweit 13 Prozent aller EFH vermietet.

Es fällt auf, dass an attraktiven Lagen besonders häufig EFH vermietet werden. Als absolute Spitzenreiterin tut sich dabei die Stadt Zürich hervor: Rund 23% aller EFH sind hier vermietet. Zählt man Genossenschaften mit, wäre es sogar fast jedes zweite Haus. Auch bei den attraktiven Zürichseegemeinden Horgen und Meilen gelangen besonders viele Einfamilienhäuser auf den Mietmarkt.

«Ein Einfamilienhaus an attraktiver Lage ist wie ein Sechser im Lotto – das gibt man ungern auf. Mit einer Vermietung können sich Eigentümer Optionen offenhalten. So können sie beispielsweise die Zeit überbrücken, bis die Kinder mit ihrer eigenen Familie einziehen», sagt Ursina Kubli. Der Anteil der vermieteten EFH an zentralen Lagen dürfte gemäss Kubli noch weiter zunehmen. So ist in der Stadt Zürich jedes zweite Haus in den Händen von über 60-Jährigen, die sich perspektivisch mit einer geeigneten Wohnform für das Alter auseinandersetzen dürften – und damit einhergehend mit der Entscheidung, das Haus zu verkaufen oder es zu vermieten, um daran festzuhalten.

In der Zürichseeregion müssten Interessenten für ein Einfamilienhaus mit vier bis fünf Zimmern mit einer durchschnittlichen Monatsmiete zwischen CHF 3'000 und CHF 4'900 rechnen. Im restlichen Kanton Zürich kommen sie mit CHF 2'400 bis CHF 3'400 deutlich günstiger weg. Vorsicht ist jedoch in Bezug auf die Nebenkosten geboten: Häufig sind diese in den Inseraten nicht transparent oder gar nicht angegeben. Denn gerade bei älteren Häusern mit Öl- oder Gasheizung können diese hoch ausfallen, und bei Objekten mit Umschwung kommen je nach Mietvertrag noch die Ausgaben für die Gärtner hinzu. Zudem werden EFH auch gerne befristet vermietet. Das bringt jedoch auch einen Vorteil mit sich: Befristete EFH sind im Schnitt 15% günstiger als vergleichbare unbefristete Objekte.

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