Was viele Einfamilien­haus-Besitzer vom Umzug abhält

Im aktuellen Immobilienbarometer finden sich wieder spannende Fakten und Trends. Ursina Kubli, Leiterin Immobilienresearch bei der Zürcher Kantonalbank, ordnet diese im Interview ein.

Interview: Johanna Stauffer

Ursina Kubli
«Die Vermarktungszeiten werden wieder kürzer, die Transaktionen nehmen zu»: Ursina Kubli.

Frau Kubli – im ersten Quartal überraschte der Zürcher Wohneigentumsindex (ZWEX) mit einem leichten Rückgang. Was zeigen die neuesten Zahlen?

Tatsächlich war nach Ende der Negativzinsen bei den Kaufinteressentinnen und -interessenten eine gewisse Verunsicherung zu spüren – dies war sowohl beim ZWEX als auch bei den Transaktionszahlen zu erkennen. Im zweiten Quartal hat sich das Preiswachstum wieder deutlich erholt (+2,9 Prozent). Der ZWEX ist also wieder im gewohnten Fahrwasser.

Wie sieht es bei den Transaktionen aus?

Hier sehen wir den gleichen Trend: Die Vermarktungszeiten werden wieder kürzer, die Transaktionen nehmen zu. Die Zinssenkungen der SNB haben eindeutig geholfen, die Nervosität der Marktteilnehmer zu reduzieren – viele Kaufinteressenten sehen sich in ihrem Entscheid zum Immobilienkauf bestätigt.

Heisst das, dass es mehr Angebot gibt?

Nein, das Angebot ist relativ stabil. Aber: Die Objekte, die zuvor sozusagen «liegengeblieben» sind, werden nun abverkauft. Das bestehende Angebot trifft also wieder auf eine verstärkte Nachfrage, es gibt keinen Überhang mehr. Ganz besonders beim Stockwerkeigentum wird rege zugegriffen.

Stichwort Stockwerkeigentum: Wenn die Kinder aus dem Haus sind und die Pensionierung näher rückt, überlegt sich manch ein EFH-Besitzer einen Wechsel in die Wohnung. Wie ist die Situation hier?

Es ist in der Tat so: Wir spüren bei vielen älteren EFH-Besitzern ein Interesse, sich zu verkleinern. Dies war auch wichtiges Thema bei unserem kürzlichen Webcast «Immobilien im dritten Lebensabschnitt». Gleichzeitig gibt es viele junge Familien, die sich nach mehr Platz sehnen.

Das bestehende Angebot trifft wieder auf eine verstärkte Nachfrage, es gibt keinen Überhang mehr. Ganz besonders beim Stockwerkeigentum wird rege zugegriffen.

Ursina Kubli, Leiterin Immobilienresearch

Die beiden Trends ergänzen sich doch gut – woran scheitert es denn?

Allen voran an falschen Erwartungen. Zum einen wird der Wert des eigenen Einfamilienhauses gern überschätzt. Das ist auch verständlich, verbindet man doch meist unzählige positive Erinnerungen damit. Gleichzeitig wird der Wert einer Eigentumswohnung gern unterschätzt. Denn: Stockwerkeigentum (STW) ist mitnichten die günstigere Wohnform im Vergleich zum Einfamilienhaus (EFH). Um hier konkrete Zahlen zu liefern: Auf den Quadratmeter Wohnfläche runtergerechnet ist Stockwerkeigentum im Kanton Zürich rund 2'000 Franken teurer als Wohnraum im Einfamilienhaus.

Auf was ist der Aufschlag zurückzuführen?

Zum einen liegt STW üblicherweise zentraler, als EFH. Zum anderen sind Eigentumswohnungen im Schnitt deutlich jünger. Bei den EFH kommen vor allem Altliegenschaften in den Verkauf, die mit einem mittleren Alter von 39 Jahren häufig kurz vor einer Gesamtsanierung stehen. Man sollte sich also bewusst sein: Mit dem Wechsel von einem Einfamilienhaus in Stockwerkeigentum zieht man nicht «nur» in eine Wohnung; es ist meist auch eine qualitative Verbesserung.

Wie sieht die Lage auf dem Mietmarkt aus?

Letztes Jahr haben wir im Kanton Zürich bei den Angebotsmieten ein beachtliches Wachstum von 8,5 Prozent gesehen. Dieses Wachstum hat sich nun merklich abgeschwächt. Zum einen haben sich die Nebenkosten auf hohem Niveau eingependelt, nachdem sie aufgrund der Lieferengpässe und dem Ukraine-Krieg kräftig gestiegen sind. Zudem hatten sich die beiden Anstiege des Referenzzinssatzes in den Angebotsmieten niedergeschlagen. Beide Sondereffekte fallen nun weg. Der Trend bei den Angebotsmieten zeigt aber weiterhin klar nach oben. Denn: Das Angebot bleibt knapp, gleichzeitig haben wir starkes Bevölkerungswachstum. Für das aktuelle Jahr sowie 2025 erwarten wir einen Anstieg von jeweils 4,5 Prozent.

Was erwarten Sie hinsichtlich des Referenzzinssatzes?

Nach den zwei überraschenden Leitzinssenkungen der SNB können die Bestandsmieter nun aufatmen. Der von uns noch im letzten Quartal prognostizierte Anstieg des Referenzzinssatzes im Jahr 2025 dürfte doch nicht eintreten.