So vermeiden Sie hohe Steuerkosten
Immobilien sind oft eine Herzensangelegenheit und werden gerne innerhalb der Familie weitergegeben. Doch welche Steuerfolgen können Überträge und Schenkungen haben? Gian Matossi, Leiter Steuern bei der ZKB, beantwortet die zehn wichtigsten Fragen zum Thema. Und in drei konkreten Beispielen werden typische Situationen veranschaulicht.
Text: Patrick Steinemann / Illustrationen: Maria Salvatore | aus dem Magazin «Meine Vorsorge» 1/2025
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Die Immobilienpreise sind in den letzten Jahren immer mehr gestiegen, viele junge Menschen können sich kaum mehr ein Haus oder eine Eigentumswohnung zu Marktpreisen leisten. Für Familien mit vorhandenem Immobilienbesitz gibt es aber einen Ausweg aus diesem Dilemma: die Übertragung des Eigenheims von den Eltern an die Kinder. Doch auch wenn sich die Familie einig ist und eine Aufteilung der Werte harmonisch erfolgt, wird eine Komponente häufig zu wenig beachtet: möglicherweise fällig werdende Steuern. Gian Matossi, Leiter Steuern bei der Zürcher Kantonalbank, erklärt die wichtigsten Punkte und sagt, weshalb sich eine frühzeitige Beratung lohnt.
1 – Welche Steuerarten sind bei einer Übertragung von Liegenschaften relevant?
Beachtet werden müssen in einer solchen Situation vor allem Handänderungs-, Schenkungs- und Grundstückgewinnsteuern.
2 – Welcher Kanton ist ausschlaggebend bei der Erhebung der Steuern?
Liegenschaften sind immer dort steuerpflichtig, wo sie sich befinden, also im Standortkanton. Es gelten auch die Bewertungsgrundsätze und die Steuergesetze des jeweiligen Standortkantons. Dieser sogenannte Belegenheitskanton – oder die zuständige Gemeinde – darf also bei einer Veräusserung die Grundstückgewinnsteuer erheben. Wird die Liegenschaft vererbt, kann dieser Kanton auch die Erbschafts- oder Schenkungssteuer sowie die Einkommens-, Vermögens- und Liegenschaftssteuern einziehen, welche für die Liegenschaft anfallen.
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Eine Steuerberatung sollte immer möglichst frühzeitig erfolgen, insbesondere aber bevor konkrete Schritte in die Wege geleitet werden.
Gian Matossi, Leiter Steuern
Beispiel 1: Von der Mutter an die Tochter
Beispiel 1: Von der Mutter an die Tochter
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Ein Einfamilienhaus soll von der Mutter auf ihre Tochter übertragen werden. Der Verkehrswert beträgt CHF 2 Millionen, die Hypothek von CHF 1 Million und die latente Grundstückgewinnsteuer (GGST) von CHF 100'000 sollen mitübertragen werden.
Diese Übertragung löst im Kanton Zürich keine Steuern aus. Die GGST wird aufgeschoben, da eine offensichtliche Schenkung vorliegt. Davon wird ausgegangen, wenn der Schenkungsanteil bei mindestens 25 Prozent des Verkehrswertes liegt. In unserem Beispiel liegt dieser bei rund 45 Prozent. Schenkungen an Nachkommen sind im Kanton Zürich schenkungssteuerfrei. Eine Handänderungssteuer kennt der Kanton Zürich nicht mehr.
3 – Gibt es grosse Unterschiede zwischen den Kantonen bei der Erhebung der relevanten Steuern?
Ja. So kennen gar nicht mehr alle Kantone eine Handänderungssteuer, aber auch nicht alle Kantone befreien die direkten Nachkommen von der Schenkungssteuer. Zudem sind Berechnungsweisen, Tarife oder Freibeträge unterschiedlich ausgestaltet.
4 – Wie sieht die Steuersituation im Kanton Zürich aus?
Eine Schenkungssteuer bei einem Übertrag an direkte Nachkommen wird im Kanton Zürich nicht mehr erhoben. Auch die Handänderungssteuer wurde abgeschafft.
5 – Auch die Grundstückgewinnsteuer wird im Kanton Zürich bei einer Schenkung nicht immer erhoben, sondern in gewissen Fällen aufgeschoben. Wann ist dies der Fall?
Im Kanton Zürich wird die Grundstückgewinnsteuer bei einer gemischten Schenkung aufgeschoben, wenn die Schenkungskomponente augenscheinlich ist, das heisst in der Regel mindestens 25 Prozent des Marktwertes der Liegenschaft ausmacht. Eine gemischte Schenkung liegt vor, wenn etwa ein Teil des Kaufpreises bezahlt und ein Teil durch Schenkung oder Erbvorbezug übertragen wird. Andere Kantone haben jedoch andere Regelungen.
Beispiel 2: Wohnrecht für die Mutter
Beispiel 2: Wohnrecht für die Mutter
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Die 75-jährige Mutter wohnt im Einfamilienhaus und wünscht ein lebenslanges und unentgeltliches Wohnrecht. Das heisst, sie kommt nur für die laufenden Unterhaltskosten und die Hypothekarzinsen auf. Bereits hier wird es etwas komplizierter: Das unentgeltliche Wohnrecht weist einen wirtschaftlichen Wert auf, der unter anderem von der statistischen Lebenserwartung abhängt. In unserem Beispiel beträgt dieser Wert CHF 306'000.
Auch in diesem Fall löst die Übertragung keine Grundstückgewinnsteuer (GGST) aus, da der Schenkungsanteil in Höhe von CHF 594'000 mit rund 30 Prozent über dem Grenzwert von 25 Prozent liegt.
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6 – Lohnt sich dann ein solcher Aufschub der Grundstückgewinnsteuer?
Auch wenn die Steuern lediglich aufgeschoben werden, ist ein Aufschub in den allermeisten Fällen vorteilhaft, da die Steuerbelastung über den Zeitverlauf regelmässig tiefer ausfällt.
7 – Welche Rolle spielen «Angeheiratete» bei der Übertragung einer Immobilie und worauf ist in solchen Fällen zu achten?
Sobald die Ehegattin oder der Ehegatte eines Nachkommen involviert wird – etwa zwecks Tragbarkeit einer Hypothek –, nimmt die Komplexität zu. Die Ehepartnerin oder der Ehepartner gilt im Verhältnis zu den Schwiegereltern als Drittperson. Demnach kann eine Schenkung, die von den Schwiegereltern an die Gattin oder den Gatten erfolgt, hohe Schenkungssteuern auslösen. Auch ein Teilverkauf an den Ehepartner ist in aller Regel nicht die gewünschte Lösung, da ein solcher Verkauf der Grundstückgewinnsteuer unterliegt. Zudem sollten die Auswirkungen auf das Ehegüterrecht sowie auf eine Ausgleichspflicht berücksichtigt werden.
8 – Welche steuerlichen Auswirkungen hat die Höhe der Hypothek, die die Beschenkten mit der Liegenschaft übernehmen?
Die Hypothek, die übernommen wird, gilt als Kaufpreiszahlung, welche steuerlich keine Auswirkung hat.
Beispiel 3: Ausgleichszahlung an die Geschwister
Beispiel 3: Ausgleichszahlung an die Geschwister
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Da die Mutter ihre drei Kinder gleich behandeln möchte, soll die Tochter eine Ausgleichszahlung von gesamthaft CHF 396'000 an ihre beiden Brüder vornehmen. Das bedeutet, dass sie bei der Übertragung des Hauses Gegenleistungen im Umfang von CHF 1'702'000 beziehungsweise rund 85 Prozent des Verkehrswertes leisten soll.
Da der Schenkungsanteil lediglich noch rund 15 Prozent beträgt, liegt keine offensichtliche Schenkung mehr vor, so dass die Übertragung der Immobilie Grundstückgewinnsteuern auslösen kann. Dabei spielt es keine Rolle, ob die Tochter die Ausgleichszahlung sofort vornimmt oder ob ihr die Brüder ein langfristiges Darlehen gewähren. Um die Konsequenzen der Grundstückgewinnsteuer zu vermeiden, leistet die Mutter aus ihrem eigenen Vermögen ausgleichend eine direkte Schenkung an ihre beiden Söhne. Damit könnte die Übertragung des Einfamilienhauses unter Aufschub der Grundstückgewinnsteuer an die Tochter erfolgen.
9 – Gibt es allgemeine Lösungen, die für alle Übertragungen anwendbar sind?
Kaum. Jede Übertragung einer Liegenschaft ist ein Individualfall, bei dem die konkreten Konstellationen und Werte angeschaut werden müssen.
10 – Zu welchem Zeitpunkt in einem Übertragungsprozess sollte eine Steuerberatung erfolgen?
Eine Steuerberatung sollte immer möglichst frühzeitig erfolgen, insbesondere aber bevor konkrete Schritte in die Wege geleitet werden. Denn hinterher können Verträge und Grundbucheinträge kaum oder zumindest nicht mehr ohne Steuerfolgen geändert werden.
Drei Tipps zur Übertragung von Immobilien
Eine detaillierte Auslegeordnung aller Werte, Besitzverhältnisse, involvierten Personen und rechtlichen Hintergründe hilft, eine individuelle Lösung ohne unerwartete Kostenfolgen zu entwickeln.
Für die Erhebung von Steuern im Zusammenhang mit Liegenschaften ist immer der Standortkanton ausschlaggebend. Da die Kantone unterschiedliche Steuerregeln kennen, lohnt sich eine Prüfung der konkreten Situation.
Jede Übertragungssituation ist ein Einzelfall mit mehr oder weniger komplexen Fragestellungen. Expertinnen und Experten können Sie mit fachlich fundierten Informationen und Einschätzungen beraten.